Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

315 
weisen, dass das Fett des Menschen- und Tierkörpers genau das Fett der ein 
genommenen Nahrung sei, dass die alleinige Fettquelle also eben wiederum das 
Fett sei. Bis zum völligen Austrag dieser Streitfrage ist es jedenfalls zweck 
mässig, dem Körper die nötige Fettmenge — und diese beträgt etwa 50 g — 
direkt zuzuführen. Diese 50 g Fett besitzen aber ebensoviel Heizwert wie* 
100 g Zucker, die somit an der obigen Menge in Abzug gebracht werden 
können. Wir hätten somit bis jetzt als Nahrungsbedarf 650 g Kohlehydrat und 
50 g Fett festgesetzt. 
Wollte man den Körper nur mit Fett heizen, so wären gegen 400 g 
dazu nötig. (Beim Hungerversuch mit Succi, wo ja das eigene Körperfett den 
Heizbedarf fast vollständig decken musste, fanden wir die tägliche Fett 
abnahme = 200 g.) Eine solche Menge könnte aber wohl selbst der kräftigste 
Magen auf die Dauer nicht vertragen, wenngleich uns von den Grönländern 
und von Nordpolfahrern ein oft unglaublicher Fettkonsum berichtet wird. 
Aber weder die Kohlehydrate allein, noch das Fett allein, noch auch die 
Verbindung beider können den Menschen vollständig ernähren. Sein Körper 
verlangt ja auch Baumaterial, als,welches wir Wasser, Blutsalze und Ei- 
weiss kennen gelernt haben. Wasser und Blutsalze sind nicht verbrennlich, 
haben also auch keinen Heizwert, dagegen ist das Eiweiss verbrennlich und 
sein Heizwert kommt dem der Kohlehydrate annähernd gleich. Wir haben den 
Eiweissbedarf im Maximum auf 100 g geschätzt (beim Hungerer Succi sank 
der Eiweisszerfall von 100 g allmählich bis auf 25 g). Werden somit 100 g 
Eiweiss gegeben, so können dafür weitere 100 g Kohlehydrate in Abzug ge 
bracht werden und unser täglicher Nährbedarf würde also betragen: 550 g 
Kohlehydrate, 50 g Fett und 100 g Eiweiss. 
Dieses stimmt annähernd mit der Normalkost überein, die Prof. v. Voit 
aufstellte und die in 500 g Kohlehydraten, 50 g Fett und 120 g Eiweiss be 
stellt. Die hierin enthaltene höhere Eiweissmenge ist aber von den Physiologen 
auf Grund eingehender Versuche an Tier und Mensch mehr und mehr ver 
ringert worden zu Gunsten der Kohlehydrate (ein hervorragender Forscher ist 
sogar mit Erfolg auf nur 25 g Eiweiss heruntergegangen). 
Bei der Frage, ob die Fruchtkost unter den heutigen Verhältnissen noch 
genügend sei, haben wir unser Augenmerk auf zwei Punkte zu richten: 
1. Welchen Heizwert stellen die verschiedenen Früchte dar, und 
2. Enthalten sie die nötigen Eiweissmengen? 
Bei den meisten Menschen kommt bei der Frage nach der Möglichkeit 
der reinen Fruchtkost auch noch ein dritter Punkt in Betracht, nämlich der 
Kostenpunkt, und wir werden daher auch diesem nachher unsere Aufmerksam 
keit schenken. Beim zweiten Punkt wird man die Anführung der Blutsalze 
vermissen, die ja ebenso nötig sind wie das Eiweiss. Da aber die Früchte 
gerade zu den nährsalzreichen Nahrungsmitteln gehören, so ist bei der 
Fruchtkost nicht zu befürchten, dass sich hierin ein Mangel ergeben würde. 
Ausserdem ist die Nährsalzfrage eine sehr verwickelte und deshalb wollen wir 
zur Vereinfachung unser Augenmerk nur auf das Eiweiss richten. 
Bei der Fruchtkost kommen hauptsächlich folgende Nahrungsmittel in 
Betracht: 1. Kernobst: Aepfel, Birnen, Quitten; 2. Steinobst: Pflaumen, 
Zwetschgen, Kirschen, Pfirsiche, Aprikosen; 3. Beerenobst: Weinbeeren, 
Johannis- und Stachelbeeren,' Erdbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren u. s. w.; 
4. Nüsse: Wal- und Haselnüsse. Diese Früchte der nördlichen Zonen können 
wir mit mässigen Kosten durch Früchte der südlicheren Zonen bereichern als 
da sind: Kastanien, Datteln, Feigen, Mandeln, Orangen, Citronen, Bananen u. s. w. 
Unsere deutschen Obstsorten (Aepfel, Pflaumen, Weinbeeren u. s. w.) 
liefern auf das Kilo etwa 500 Wärme-Einheiten; es wären also für den täg- 
2500 . . 
liehen Wärmebedarf (2500 W.-E.) nötig = ^ Kilo. Dies ist an sich schon 
eine nicht zu bewältigende Menge. Es kommt aber noch hinzu, dass das Obst 
sehr arm an Eiweiss ist (Aepfel und Weinbeeren enthalten l / 2 pCt., Pflaumen
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.