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mag folgende Thatsache zeigen: „Vom Jahre 1877 bis 1885 wurden den
Krankenhäusern in Preussen 38026 Personen an Säuferwahnsinn über
wiesen.“ Welch eine Fülle von Jammer und Elend verbirgt sich hinter
dieser nackten Zahl! Wohl ist dieselbe nicht so gross, als die der Schwind
süchtigen, aber es ist auch nur der kleinste Teil der Opfer, die der Dämon.
Alkohol von uns fordert, denn wieviel hunderttausende von Familien mögen
die Stätte unsagbaren Jammers sein, dessen Ursache im Alkoholgenuss liegt.
Wohl ruft man mir entgegen: „Ich! Mein Mann! Mein Sohn! Mein Ge
liebter u. s. w. wir thun so etwas nicht!“ Glaubt ihr Rufer denn, dass die
Unglücklichen von Anfang an Sklaven ihrer Leidenschaft waren? „Darum
Arbeiter und Arbeiterfrauen, wollt ihr euch und euere Kinder sichern, wollt ihr
euch selbst eine Bürgschaft geben, dass ihr nicht so tief sinken könnt, dass ihr
ein Abscheu werdet den eigenen Lieben, dann schliesst euch unseren Reihen an,
kämpft mit uns für das Gute, für das Schöne, für das Wahre, — für die Ge
sundheit!
Obwohl der Alkoholismus das fressendste Uebcl im Volke ist, kümmert:
sich kein Mensch darum, nicht einmal die sich um alles kümmernde Tages
presse. Höchstens wenn einmal in der Trunkenheit eine grausige That:
vollbracht ist, findet man in den Blättern eine kleine Randbemerkung wider-
den Alkohol.
Darum wacht auf, befreit euch von dem euch mit Eisenklammern um—
spannenden Dämon und beherzigt die Worte des Dichters:
Wer mit dem Leben spielt,
Kommt nie zurecht;
Wer sich nicht selbst befiehlt,
Bleibt stets ein Knecht.*
Impf - Frage.
Berichtigung. Zu dem in No. 10 Bl. 304 dieser Zeitschrift aus Bautzem
mitgeteilten Tod eines Kindes wird zur Berichtigung anher bemerkt, dass
das betreffende Kind nicht 2 Stunden nach der Impfung und nicht an Blut
vergiftung, sondern am folgenden Morgen, vierzehn Stunden nach der
Impfung an Gehirnkrämpfen gestorben ist. Das Zusammentreffen der so
häufigen Gehirnkrämpfe bei kleinen Kindern mit deren Impfung berechtigt
keineswegs zu dem Schluss, dass Impfung und Gehirnkrämpfe in ursäch
lichem Zusammenhang mit einander stehen, oder gar zu der Behauptung,
dass die Gehirnkrämpfe ein Zeichen von Blutvergiftung durch Impfen dar
stellen. Erfahrungsgemäss sterben alljährlich viele Kinder in den zwei
ersten Lebensjahren — ohne allen Zusammenhang mit der Impfung und
sogar bei anscheinendem Wohlbefinden — an Gehirnkrämpfen und Herz
schlag.
Bautzen, den 15. November 1898.
Der Königliche Bezirksarzt: Abteilungen- Polizeisachen:
Dr. Stieglitz. Dr . Ackermann.
Anmerkung der Schriftleitung. Obwohl die vorstehende „Be
richtigung“ keineswegs den Anforderungen des § 11 des Reichsgesetzes vom
7. Mai 1874 entspricht, ja obwohl diese „Berichtigung“ mehr eine Bestätigung-
der von uns gebrachten traurigen Thatsache ist, bringen wir dieselbe den
noch unverkürzt hier zum Abdruck. Die betreffende Notiz in No. 10 d. Bl.
welche berichtigt werden soll, lautet: „In Bautzen ist ein vom Physikus
und königlichen Medizinalrat Dr. Wengler geimpftes Kind zwei Stunden
nach der Impfung an Blutvergiftung gestorben. Diese Stütze des Impf
zwanges bedrohte die unglückliche Mutter mit harter Bestrafung, sofern sie-