Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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dann auch dem Mangel an Naturärzten Abhilfe geschaffen und der 
Thorheit ein Ende gemacht, dass Naturärzte bei allopathischen Aerzten 
Verachtung erfahren müssen, auch wenn sie den gleichen Doktorgrad 
besitzen wie diese. 
Es ist als unausbleiblich anerkannt, dass auch die allo 
pathischen Aerzte nach und nach zum Naturheilverfahren übergehen 
müssen, ja man kann ja beobachten, dass schon viele derselben sich 
der Naturheilung bedienen, aber offen bekennen sie sich nicht als 
Naturheilärzte. Auch hierin wird sich Wandlung nach und nach 
vollziehen, und dem gesunden Fortschritte gehuldigt werden. 
Irren kann Jeder; im Irrtum verharren kann nur der Unsinnige; 
oder: Irren ist menschlich; menschlicher ist den Irrtum erkennen und 
die Wahrheit wählen; nur auf diesem Wege kann die medizinische 
Wissenschaft zu dem Ansehen gelangen, das sie zu einem, nicht für 
«ich allein, sondern für die gesamte Menschheit, der sie ja dienen 
soll, gedeihlichem Wirken benötigt*. Dabei müssen wir uns doch klar 
darüber werden, was eigentlich unter medizinischer Wissenschaft 
zu verstehen ist, und was darunter verstanden wird. Darüber ein 
anderes Mal. 
Ist einer gesunden Wöchnerin eine lange Bettruhe dienlich? 
Von Dr. med. Presch, Frauenarzt in Hannover. 
Im allgemeinen gilt wohl in Deutschland, vielleicht überhaupt in den 
Kulturländern der Erde das Gesetz, dass eine gesunde Wöchnerin etwa zum 
mindesten eine Woche das Bett hütet. In den meisten Entbindungs 
anstalten liegen z. B. die Wöchnerinnen neun Tage. Im Privathause be 
gegnet man erheblichen Abweichungen. Während in der Arbeiterbevölkerung, 
namentlich auf dem Lande, die Wöchnerin der Anordnung der Aerzte oder 
der Hebammen zuwider häufig schon am Tage nach der Entbindung am Herd, 
am Wasch trog oder sonst wo bei der Arbeit angetroffen werden kann, wird 
in den begüterten Klassen die Bettruhe sehr häufig bis in die dritte Woche 
und über dieselbe hinaus ausgedehnt, ohne dass es durch irgend welche 
krankhafte Zustände irgendwie angebracht wäre. 
Operativ entbundene, verwundete, an Kindbettfieber leidende, schwäch 
liche, blutarme und sonstige Kranke müssen nach der Entbindung freilich 
das Bett so lange hüten, als die krankhaften Vorgänge an sich es 
bedingen. Dagegen ist gesunden, kräftigen Wöchnerinnen, welche eine 
normale Geburt überstanden haben und dabei nicht verletzt sind, eine Bett 
ruhe von mehreren Wochen direkt schädlich. Sie thun gut, schon am 3. oder 
4., wenn sie sehr kräftig sind, schon am 2. Tage das Bett zu verlassen, 
zunächst nur auf Stunden, allmählich steigend auf längere Zeit, so dass sie 
den 5. oder 6. Tag meist schon gänzlich ausser Bett verbringen. Sie tragen 
dann am besten eine T-Binde mit etwas Watte vor den Geschlechtsteilen, 
besorgen ihr Kind selbst und verrichten die Entleerung von Blase und 
Mastdarm in der üblichen Stellung, nicht in der Rückenlage. 
In dieser Weise schadet das frühe Verlassen des Bettes der Wöchnerin 
nicht; sie bekommt keinen Vorfall oder Rückwärtslagerung der Gebärmutter, 
■dagegen schreitet die Verkleinerung dieses Organs in schnellerem Tempo 
vorwärts, die Funktionen des Darmkanales werden in vorteilhafter Weise 
reguliert; regelmässige Darmentleerung erfolgt meist ohne Nachhilfe, infolge 
dessen meist sehr guter Appetit von vornherein. 
Auch die Blasenentleerung erfolgt bei der Wöchnerin ausser Bett von 
selbst und häufiger als bei der liegenden. Es fällt das sonst öfters not- 
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