Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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wird, selbst wenn man Thüren und Fenster noch so dicht verschliesst. 
Wozu also dann noch besondere Ventilation anwenden und die Zimmer 
wärme vergeuden? Ja, woher stammt denn aber diese eindringende Luft? 
Ist es auch wirklich frische, reine Aussenluft? Genaue Versuche haben er 
geben, dass durch eine Ziegelsteinmauer auf einen Quadratmeter in einer 
Stunde nur zwei Zehntelliter Luft eindringen, und zwar bei einem inneren 
und äusseren Temperaturunterschiede von 30 Grad, während bei geringerem 
Unterschiede die Lufterneuerung noch bedeutend abnimmt. Auch durch fest 
verdichtete Fenster und Thüren kann nur wenig Luft eindringen. Folglich 
strömt ein grosser Teil der neuen Luft durch die hölzernen, undichten 
Fussböden und Decken ein, und zwar umsomehr, je kälter das Zimmer 
unter uns ist, was wir ja auch an den frierenden Füssen in sonst ganz 
warmer Stube sehr wohl merken. In dem Zwischendeckmaterial unserer 
bekanntlich sehr undichten Fussböden häuft sich nun allmählich eine grosse 
Menge Schmutz an, welcher sich von Jahr zu Jahr vermehrt; es entwickeln 
sich darin verschiedene Gärungs- und Fäulnisprozesse, reichlich unterhalten 
durch das eindringende Schmutzwasser vom Scheuern, und durch die Ex 
kremente von Mäusen und anderem Ungeziefer. Strömt nun die Luft durch 
solch einen verpesteten Fussböden, so wird sie natürlich bedeutend ver 
unreinigt. Es ist also zwar ganz richtig, dass unsere Stubenluft fortwährend 
zum Teil erneuert wird, aber keineswegs immer im guten Sinne. Deshalb 
bleibt uns weiter nichts übrig, als durch geöffnete Fenster und Thüren die 
frische Luft einzulassen. Dabei haben nun manche die Gewohnheit, die 
oberen Fensterflügel recht oft ein wenig aufzumachen, um, wie sie meinen,, 
namentlich die unreine Luft unter der Decke durch frische zu ersetzen. 
Diese Methode ist aber nicht zu empfehlen. Denn einerseits strömt dabei 
gerade die warme Luft unter der Decke sehr schnell aus, wodurch das 
Zimmer kalt wird, und andererseits kühlt die eindringende kalte Luft die 
mittlere, noch kohlensäurehaltige Luftschicht rasch ab, und bewirkt somit, 
ein Niedersinken derselben. Macht man nun das Fenster wieder zu, so- 
dehnt die Ofenwärme diese, sowie die eben aus dem Fussböden aufge 
stiegene unreine Luft aus und lässt sie dadurch wieder zur Mundhöhe des 
atmenden Menschen steigen. 
Eine wirklich rationelle Luftreinigung können wir einzig und allein 
durch eine, wenn auch seltener ausgeführte, so doch vollständige Oeffnung 
aller Fenster und Thüren erreichen. Nur dadurch wird ein energischer 
Luftzug bewirkt. Vermehren können wir diesen noch durch Wehen mit 
Kleidungsstücken oder durch recht schnelles Auf- und Zumachen der Thüre, 
indem wir, um das laute Zuklappen zu vermeiden, uns vor diese stellen 
und sie von einer Hand in die andere werfen. Dadurch wird die schlechte 
Luft aus dem ganzen Zimmer, aus den Ecken und unter den Möbeln ver 
trieben und durch frische, reine, direkt von aussen bezogene Luft ersetzt. Es 
ist dabei der Wärmeverlust kein so grosser, als man annehmen sollte. Denn,, 
nochmals bemerkt, nicht auf das lange Lüften kommt es an, sondern auf den 
schnellen, heftigen Windzug, den man künstlich hervorruft. Dabei werden 
Ofen und Wände nur sehr wenig abgekühlt, so dass durch ihre nachherige- 
Wärmeausstrahlung bald wieder eine gemütliche Temperatur eintritt. 
Auch grüne Pflanzen in den Zimmern tragen viel zur Peinigung der 
Luft bei. Doch wähle man nicht zu viel blühende oder gar stark riechende,, 
sondern hauptsächlich schnell wachsende Blatt- und Schlingpflanzen. Der 
Grund des Nutzens liegt darin, dass die für die Menschen schädlichen Gase- 
(Kohlensäure, Ammoniak) von den grünen Blättern aufgesogen und das für 
Menschen nützlichste Gas (Sauerstoff) von ihnen ausgehaucht wird. Ebenso- 
trägt ein häufiges Bespritzen der Pflanzen, welches zum Gedeihen derselben 
durchaus notwendig ist, in hohem Masse zur Erfrischung von Geist und Körper 
der Stubenbewohner bei. Und ausserdem, was für eine herrliche Zierde bilden 
Schlingpflanzen zu Festons und Lauben gezogen, für jedes Zimmer! Wie 
schön, traulich und heiter ist solch ein grün bekränzter Wohnraum, der in&
	        
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