Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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Da sitzen denn die allweil übersättigten Kinder mit ihren appetitlosen 
Hirnen am Frühstückstisch der Schule und sollen doch — essen! Fremdstoffe 
essen! Gifte trinken! Denn fast all diese in den Schulstoffplänen wie die 
Giftbüchsen der Apotheken höchst ordnungsgemäss aufgestapeiten Drill-Stoffe 
sind und bleiben den kindlichen Geistern Fremdstoffe, die nur mit Widerstreben, 
ja direktem Ekel „eingenommen“ werden. Wie die Aerzte ihre Pillen und 
Mixturen mit Zucker und Lakritz versiissen, um sie nur ja durch die Gurgel 
jagen zu können, so trachten auch wir geistigen Giftmischer mit höchstem 
Eifer danach, unsere Lehr- und „Memorier“-Stoffe mit allerhand witzigem 
Zuckerzeug den Kindern „interessant“ zu machen; ja es besteht unter uns 
Lehrern eine ganze Richtung, die der „Herbartianer“, Anhänger des Philo 
sophen und Pädagogen Herbart, die ein ganzes „System“ aufgebaut haben, auf 
welche Weise am besten das „Interesse“, d. h. ein künstlicher Hunger für den 
Unterrichtsstoff erzeugt wird. 
Man hat die ganze geistige Verdauungsthätigkeit (die sogenannte „Per 
zeption“, d. h. Aufnahme, und „Apperzeption“, d. h. Verarbeitung) bis aufs 
feinste ausgeklügelt und glaubt das nun künstlich herbeiführen zu können. 
Mit Bewusstein, ja stolzestem Meiste!- und Selbstbewusstsein sondert man in 
den „Lectionen“: 1. Vorbereitung (künstliche Hungererzeugung!). 2. Dar 
bietung (löffelweises Eingeben, zur Not auch mit dem bekannten Nürnberger 
Trichter oder dem Bambus). 3. Verknüpfung (Vermischung des Milchsaftes 
mit dem Blut). 4. Anwendung (Bau der Zellen aus dem Blut). Können 
dann wir Zwischen-Vier-Mauern-Meister nach Schluss der Lection mit Bewusst 
sein vor den prüfenden Ohren des Schulinspektors nachweisen, dass diese und 
jene geistigen Zellen unvergesslich „memoriert“ sind, dann glauben wir 
am kindlichen Geiste lebendige Glieder erbaut zu haben. Und was haben wir 
höchstens erreicht? Die Festlagerung geistiger Fremdstoffe, die während der 
Schulzeit chronisches Geistessiechtum erzeugen; aber bei der ersten akuten 
Krisis, die glücklicherweise meist gleich nach Empfang des Schulentlassungs- 
Rezeptes im Sonnenbad der erlösten Freiheit einzutreten pflegt, wird dieser 
Ballast der Fremdstoffe aus allen Poren wieder ausgeschwitzt. Wir achten 
eben nicht auf die naturgemässe Geistesnahrung der Kinder, wonach sie von 
selbst verlangen und haschen. Statt der Geistesfrüchte der freien Natur trak 
tieren wir sie mit dem Leichenfleisch der im Schul-Schlaclithof erwürgten Lehr 
begriffe. Folgen wir dem Drange der Natur! Hinaus in die freie Natur! 
Den Geist rege und hungrig gemacht durch tägliche Schulausflüge, und täglich 
den hungrigen Geist an die überreiche, unendlich mannichfaltige Tafel der 
Natur geführt, wo alle Sinne begierig die Geistesnahrung einsaugen. Der 
Lebensheimer Erziehungsverein hat sich die Aufgabe gestellt, die heutige 
Zwischen-Vier-Mauern-Schule mit ihrem erkünstelten Hunger, den unnatürlichen, 
unkindlichen Nahrungsmitteln und dem geistigen Siechtum zu ersetzen durch 
den Naturhunger, die natürliche Geistesnahrung und die Geistesregsamkeit 
der freien Natur-Schule. 
Ernährung. 
Die wichtigsten Kapitel aus der Ernährungslehre des Menschen 
Von Karl Bässler - Stuttgart. 
II. 
Was sollen wir essen? 
Die einfachste Antwort auf diese Frage scheint zu sein: Wir müssen 
diejenigen Stoffe gemessen, aus welchen unser Körper besteht, also Fleisch, 
Blut, Fett und Knochen. Auf diesem Standpunkte stand die Ernährungslehre 
in der That auch lange Zeit. Man huldigte dabei dem sogenannten Aelmlichkeits- 
prinzip, d. h. dem Grundsätze, dass eine Nahrung um so zuträglicher sei, je 
ähnlicher sie dem Blute des Menschen sei. Nun ist aber dem Blute sicher'
	        
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