Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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Heilberiehte. 
Die Schädlichkeiten des Behring’schen Heilserums. 
Mitgeteilt von L. Schmeding-Quedlinburg. 
Trotzdem an dieser Stelle schon häufiger von den schädlichen Folgen des 
Diphtherieheilserums die Rede gewesen ist, kommt es dennoch nicht gar 
selten vor, dass selbst Mitglieder eines Naturheilvereins, wenn einmal die 
so gefürchtete Diphtheritis bei ihnen ihren Einzug hält, in ihrer Herzens 
angst der Naturheilmethode den Rücken kehren und Hilfe in der Medizin, 
in dem Heilserum suchen. Wie nutzlos, ja sogar schädlich sich in den 
meisten Fällen aber das Heilserum zeigt, das beweisen folgende Fälle: 
Ein fünfjähriges gesundes und kräftiges Mädchen erkrankte plötzlich 
an Diphtheritis und erhielt infolgedessen zwei Serumeinspritzungen. Die 
Krankheit liess nun zwar in einigen Tagen nach und das Kind genas. Ob 
hier aber die Heilung auf Konto des Heilserums zu setzen ist, oder ob die 
kräftige Natur des Kindes das junge Leben erhalten hat, vermag ich nicht 
sicher zu entscheiden. Doch in Anbetracht dessen, dass nicht jede 
Diphtherieerkrankung den Tod zur Folge hat, so geht man hier auch wohl 
nicht fehl, zumal das Kind recht kräftig war, wenn man der Natur die 
heilbringende Wirkung zuschreibt. Aber wie immer, so sollten auch in 
diesem Falle die üblen Nachwirkungen des Heilserums nicht ausbleiben, 
und es waren kaum vierzehn Tage vergangen, so stellte sich schon der 
hinkende Bote ein. Das Kind bekam Veitstanz, welcher mit Lähmungs 
erscheinungen an Händen und Füssen verbunden war, und zwar waren letztere so 
stark ergriffen, dass das Mädchen nur unter Aufbietung aller Kräfte einige 
Schritte zu gehen vermochte. Wie lange das arme Wesen an diesen Er 
scheinungen zu leiden hatte und ob überhaupt vollständige Heilung ein 
getreten ist, konnte ich leider, da ich das Kind nicht wieder gesehen habe, 
nicht in Erfahrung bringen. Ohne Zweifel hatte die Serumbehandlung die 
Lähmungserscheinungen etc. hervorgerufen, denn vordem war das Kind 
ganz gesund und bei naturgemässer Behandlung sind Nacherkrankungen 
noch nie beobachtet worden. 
Ein anderer Fall: — Ein sechzehnjähriger Schüler, dessen Eltern sich 
ebenfalls zu unsrer Methode bekennen, erkrankte eines guten Tages an 
Diphtheritis. Statt zum Naturarzt, wurde auch hier wieder zum Mediziner 
geschickt, der das Kind durch Impfung retten sollte. Zehn Tage lang 
wurden nun Einspritzungen über Einspritzungen gemacht, aber immer blieb 
der erwünschte Erfolg aus, bis dann schliesslich der Tod ein Einsehen 
hatte und dem grausamen Spiel ein Ende machte. Aber hier hatte nicht 
die Diphtheritis, wie der Arzt erklärte, den Tod herbeigeführt, sondern eine 
Herzlähmung war der Sündenbock gewesen. Man kennt ja die bekannten 
Ausreden der Herren von der Wissenschaft. 
Wir sehen also aus den obigen Schilderungen zur Genüge, dass das 
vielgepriesene Heilserum nicht nur allein die gefährlichsten Nachkrankheiten 
hervorruft, sondern dass es auch nicht einmal imstande ist, die Diphtheritis 
irgendwie günstig zu beeinflussen. Darum fort mit allen Serumsorten, fort 
mit allen Medikamenten, unsere Parole sei nach wie vor: Das Wasser ist 
das beste Heilmittel. 
Heilung einer Fistel ohne mechanische Eingriffe. 
Dass Fisteln, d. h. Hohlgänge, seien sie nun spontan entstanden 
(namentlich nach Abscessen) oder nach operativen Eingriffen zurückgeblieben, 
ohne örtliche Behandlung heilen können, wird gewöhnlich nicht an 
genommen. Man glaubt, es müsse stets eine örtliche Reizung des Kanals 
durch Ausstopfen, Aetzen und dergleichen vorgenommen werden, da der
	        
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