Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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denn gerade bei meinem Berufe, sagte er, kann ich den Daumen besonder® 
gut brauchen. 
Ich könnte diese Beispiele noch durch weitere aus meiner Praxis ver 
mehren, aber sie genügen, um zu beweisen, dass zu viel operiert wird, dass 
die Mahnung naturam sequi in gar manchen Kreisen der Schul-Medizin immer 
mehr ausser acht gelassen wird und dass diese Kreise, die sich immer mehr 
der Natur, entfremden, keine Ahnung haben, was dieselbe zu leisten vermag 7 . 
wenn man ihr nicht gleich mit Messer und Scheere, mit Jodoform und 
Sublimat unter die Arme greift. 
Gewerbe- und Wohnungshygiene. 
Gewerbliche Kinderarbeit. 
Von K. Frölich. 
(Nachdruck verboten.) 
Nach den Jahresberichten der „Gewerbeaufsichtsbeamten im Deutschen 
Keiche hat die Kinderarbeit in den Fabriken gegen das Vorjahr wieder zu 
genommen, nachdem durch das Arbeiter schütz - Gesetz vom Jahre 1891 
eine starke Verminderung der in den Fabriken arbeitenden Kinder ein 
getreten war. 
Es wurden in Fabriken beschäftigt: 
Knaben: 
Mädchen: 
Zusammen: 
1886 
13 529 
7 514 
21 053 
1888 
14 378 
8175 
22 913 
1890 
17 254 
10 231 
27 485 
1892 
7 315 
3 897 
11212 
1893 
3 730 
2 181 
5 911 
1894 
2 682 
1 577 
4 259 
1896 
3 343 
1969 
5 312 
1897 
3 770 
2 381 
6 151 
In sechs Aufsichtsbezirken wurden 1897 überhaupt keine Kinder in 
Fabriken beschäftigt, in dreien vereinzelt, in 13 Bezirken fand eine Abnahme 
statt, in 9 Bezirken blieb die Zahl gleich und in 30 Bezirken trat eine Zu 
nahme ein. Als Grund für die stärkere Heranziehung der Kinder zur Fabrik 
arbeit geben mehrere Aufsichtsbeamte den Aufschwung der Industrie und 
den Mangel an Arbeitskräften an. Die Beschäftigung der Kinder findet 
hauptsächlich in kleinen Betrieben statt, die durch die billige Kinderkraft 
sich der Konkurrenz der grösseren Fabriken gegenüber wettbewerbsfähig 
zu erhalten suchen. Der Aufsichtsbeamte für Ostpreussen hebt hervor, dass 
in allen Fällen, in denen Kinder in Fabriken angetroffen wurden, auchVer- 
stösse gegen die gesetzlichen Bestimmungen festgestellt werden konnten.. 
In keinem Falle Hessen sich die Betriebsunternehmer an der gesetzlichen 
sechsstündigen Beschäftigungsdauer genügen, vielmehr wurden die Kinder 
in den für jugendliche Arbeiter von 14—16 Jahren statthaften Grenzen be 
schäftigt. 
Ist nun die Kinderarbeit gänzlich zu verwerfen? Doch wohl nicht.*) 
Unstreitig ist eine gesunde, nicht zu lange dauernde Nebenbeschäftigung, 
besonders wenn damit ein Aufenthalt im Freien verknüpft ist, für die 
Kinder nur vorteilhaft. Sie werden dadurch frühzeitig an eine regelmässige 
Thätigkeit gewöhnt, vor Müssiggang, aller Laster Anfang, bewahrt, ihr Er 
werbs- und Sparsinn wird geweckt und den Eltern in ihrer wirtschaftlichen 
Notlage eine Erleichterung verschafft. Anders aber gestaltet sich die Sache, 
wenn die Nebenbeschäftigung schon im frühen Alter beginnt, sich bis tief 
in die Nacht erstreckt und in ungesunden Räumen stattfindet. Es bedarf 
*) Diesen Standpunkt des Verfassers teilen wir nicht. Die Schriftleitung.
	        
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