Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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Symptome des Leidens hin zu prüfen, dagegen muss man an die Eltern, 
vornehmlich an die Mütter appellieren, deren liebevoll beobachtendes Auge 
das Leiden ihres Kindes schon entdecken wird, wenn sie darüber unter 
richtet und die schrecklichen Folgen bei Nichtinanspruchnahme ärztlicher 
Hilfe sich vergegenwärtigen. 
Den Namen dieser Krankheit haben wir schon eingangs erwähnt; sie 
charakterisiert sich durch die krankhafte Vergrösserung eines 
drüsenartigen Gewebes, welches sich besonders im oberen Teile des 
Nasenrachenraumes befindet. Sein Name stammt begreiflich von der 
Lage desselben her, nämlich hinter der Nase und über dem Hachen. Die 
krankhafte Vermehrung jenes Gewebes hat die Eigenschaft, den 
Atmungskanal durch den Nasen raum vollständig zu verstopfen. 
Eine solche Gewebsgeschwulstmasse giebt nun - die Veranlassung zu einer 
bedeutenden Mannigfaltigkeit der Symptome, welche eben für den geistigen 
Entwickelungszustand und für die Angriffsfähigkeit und Lern 
möglichkeit des kranken Kindes von grösster Bedeutung sind und 
bleibend es belasten müssten, wenn nicht schnelle Hilfe erfolgt. Die 
wichtigsten Symptome zeigen sich als mangelhaftes Atmen durch die 
Nase, dicke Aussprache durch die verstopfte Nase und mangel 
hafte Funktion der Gehörorgane. 
Wie nun aber solche mannigfaltigen Leiden aus der Verstopfung 
der Luftw.ege entstehen können uiid wie ihnen abzuhelfen ist, wollen 
wir kurz erläutern: 
Wir sind von der Natur befähigt und aufgefordert, durch die-Nase — 
als Vorwärmer und Staubfänger — die atmosphärische wie die Stubenluft zu 
atmen, nicht aber durch den Mund. Zu den eben genannten Vorteilen bei 
der Nasenatmung tritt auch der, dass die Nasenschleimhäute eine zu trockene 
Stubenluft an gefeuchtet der Lunge zuführen und die Geruchsnerven 
uns, wenn die Atmungsluft mit schädlichen Gasen oder unreinen Stoffen 
geschwängert ist, rechtzeitig warnen, solchen Gesundheitsgefahren zu ent 
fliehen. Das Atmen durch den Mund-ist an sich höchst mangelhaft, was ja 
jeder bei einem Schnupfen genugsam empfindet; denn wenn man nicht die 
ganze der Lunge nötige Luft durch die Nase zuführen kann, so wird das 
Atmen durch den Mund ein nur höchst beklommenes sein können, was die 
Lungenspitzen nicht mit Luft zu füllen vermag. So ist es aber bei den 
Kindern, wenn die Nasenluftwege durch Geschwulst verstopft sind, der 
Nasenrachenraum also keinen hinreichenden Luftzutritt gestattet, so wird es 
nur ungenügend und unter grosser Kraftanstrengung dem Kinde möglich 
sein, ganz kurze Zeit bei geschlossenem Munde atmen zu können. Die 
natürliche Folge ist davon, dass der Mund eines so erkrankten Kindes meist 
offen steht, was dem Antlitz einen einfältigen Ausdruck verleiht. Man ist, 
sobald die Ursache nicht erkannt wird, leicht geneigt, ein solches Kind mit 
einem dummen Gesichtsausdruck für geistig minderwertig zu halten. Auch 
ist das Atmen solches Kindes in der Kegel hörbar stöhnend, im Schlafe 
schnarchend. Die „Maulsperre“ der Kinder macht sie auch nicht beliebt 
unter ihren Jugendgenossen, sie werden verzagt, denkträge, arbeitsunlustig 
und begriffsstutzig. 
Die Aussprache der Kinder ist klanglos, blechern, nasal, leblos. Die. 
Nasenlaute verlieren jede Kesonnanz. 
Das schlimmste aber im Gefolge dieser Krankheit wird das mangel 
hafte Gehör. In den meisten Fällen, wo ärztliche Hilfe gegen das Leiden 
der Kinder in Anspruch genommen wird, ist nicht das schlechte Sprechen, 
das ungenügende Atmen der Grund, worauf seitens der Angehörigen Gewicht 
gelegt wird, sondern besonders die heränziehende Gefahr der Taubheit. — 
Die Schwerhörigkeit solcher kleinen Patienten ist wechselnder Natur und 
ihre Aufmerksamkeit dadurch naturnotwendig behindert. Für ihre Umgebung 
ist auch das häufige „Nichtverstehen“ recht störend. Der Nasenrachenraum 
steht nämlich durch die Eustachischen Köhren mit dem Ohre in Ver
	        
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