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in meinem vorigen Aufsatz über Croup als für die Diphtheritis
charakteristische Zeichen, nämlich der schon in ziemlicher Entfernung
vom Kranken bemerkbare widrige, faulige Geruch übrig bleibt. Die
Diphtheritis hat bald im Kachen, bald in der Nase ihren Sitz, wenn
sie aber in die Kehle hinuntersteigt, dann beginnt das gefährliche
Stadium, welches darum so gefährlich ist, weil, wenn nicht zeitig
zur Operation geschritten wird, die Patienten durch Verstopfung der
Luftröhre, an Erstickung sterben.
Da dieser Aufsatz zu Nutz und Frommen der Laien geschrieben
ist, so rate ich, ehe der Arzt kommt, weil man gewöhnlich kein zu
übermässiges Fieber findet und dagegen nicht anzukämpfen braucht,
keine Zeit zu verlieren, und durch die von Siegert in seinem vor
trefflichen, Buch beschriebenen Dampfbettbäder, die man alle
4—5 Stunden wiederholt, den innern gefährlichen Krankheitsprozess
auf die weite Oberfläche der Haut zu ziehen.
Dr. Schulze.
Die naturgemässe Behandlung der Schwindsüchtigen
ausserhalb der Volksheilstätten.
Von Dr. M. Hirschfeld-Charlottenburg.
So sympathisch wir vom Standpunkte der Naturheilmethode
der Bewegung gegenüberstehen, welche seit einigen Jahren mit
grosser Lebhaftigkeit die Gründung von Volksheilstätten für Lungen
kranke betreibt, so darf dabei doch nicht übersehen -werden, wie es
von einigen um die Heilstättensache besonders verdienten Ge
lehrten zu geschehen scheint, dass es sich hier gegenüber einer so
gewaltig verbreiteten Krankheit, die an Ausdehnung und Bedeut
samkeit für das deutsche Volk nur noch mit dem Alkoholismus und
den venerischen Krankheiten verglichen werden kann, doch nur um
eine recht geringe Hilfe handelt. Es befinden sich gegenwärtig in
Deutschland 25 Lungenheilanstalten im Bau, im günstigsten Fall
werden in 10 Jahren 50 im Betrieb sein, die dann hochgerechnet im
Jahr 2500—3000 Schwindsüchtigen Aufnahme gewähren können.
Was will das sagen gegenüber 1 300 000 Schwindsüchtigen. — O,
welche Fülle des Jammers schliesst diese Zahl in sich —, welche wir
gegenwärtig im Deutschen Reich, gegenüber 25 000 Tuberkulösen,
welche wir zur Zeit allein in Berlin haben. Bekanntlich erhält man
diese Zahl, indem man die Summe der Todesfälle c. 200 000 im Jahr
mit 6 bis 7 multipliziert, da so viel Jahre die durchschnittliche
Dauer der Krankheit beträgt. Es sind aber bei dieser Berechnung
die Geheilten völlig ausser Acht gelassen, wir gehen jedoch nicht
fehl, wenn wir annehmen, dass auch schön jetzt eine ganze Anzahl
Schwindsüchtiger genesen, haben doch pathologische Anatomen bei
50 % j a neuerdings sogar bei 90 % sämtlicher auf den Seziertisch
zu ihrer Beobachtung gelangenden Leichen, darunter völlig ,.gesunder
Leichen“ d. h. solcher, die mitten aus dem Leben etwa durch einen
Eisenhahnunglücksfall getötet wurden, vollkommen ausgeheilte
Schwindsuchtsheerde nachweisen können.
Nachdem von lungenspezialistischer Seite erklärt worden ist:
„Die arzneiliche Behandlung der Lungenschwindsucht hat gänzlich