Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

361 
Aber manche hydrotherapeutische Aerzte machen Missgriffe bei der 
Diät der Kranken, die schwere Nachteile im Gefolge haben. Sie dulden es, 
dass ihre Patienten zu den Hauptmahlzeiten fette, schwer verdauliche Speisen 
zu sich nehmen, wie Schweine-, Gänse- und Entenbraten, fettes Gebäck, 
fette Mehlspeisen, blähenden Kohl u. dergl. mehr. — Wenn nun auch den 
sehr kräftigen Personen mit ebenso kräftiger Verdauung einer derartigen 
Diät unter normalen gesunden Verhältnissen nichts im Wege steht, so sollte 
doch im kranken Zustande alles gemieden werden, was den Organismus be 
schwert und belastet. Insbesondere sollten Magenschwache und Magen 
leidende nur leicht verdauliche Speisen während einer Wasserkur zu sich 
nehmen. So ist beispielsweise der Genuss von Schwarzbrot ein Hinderungs 
mittel der Kur. Dasselbe wird mit Wasser angerührt und ist viel unver 
daulicher als das mit Milch angerührte feine Roggenbrot. Ersteres kann 
übrigens auch nicht so trocken ausgebacken werden, als letzteres. Das 
Schwarzbrot ist dann seinem Volumen nach viel schwerer als das Eeinbrot. 
Am leichtesten verdaulich ist das mit Milch statt Wasser angerührte 
Weizenmilchbrot, während das Mischbrot, bestehend halb aus Roggen- 
feinmehl und halb aus Weizenmehl mit Milchanrichtung gebacken, die Mitte 
der Verdaulichkeit hält und allen übrigen, nur nicht Verdauungskranken, 
zum Genuss freigegeben werden darf. 
Der behandelnde Hydrotherapeut hat in der Ernährungsphysiologie 
auch sein Augenmerk auf die Beschaffenheit der Nährmittel zu richten. Er 
wird zu erwägen haben, dass der Weizen an sich eine edlere und an Kleber 
reichere, akso schneller nährende Körnerfrucht ist, die bei umfangreicherem 
Volumen, bei der Lockerheit ihres Gebäcks, den Magen füllend, dennoch 
diejenigen feinen Stoffe enthält, welche schnell assimiliert durch den Chylus 
blutnährend wirken. Je lockerer das Weizenbrot ist, desto besser; denn 
bekanntlich arbeiten die Magenhäute stärker und sondern mehr Pepsin ab, 
wenn der Magen durch den Speisebrei eine hinreichende, alle Magenwände 
gleichmässig berührende Füllung erhält, ohne dass dieselbe ihrem Volumen 
entsprechend schwer ist. Ist die Füllung mit leichten Nährstoffen nur im 
unteren Teile des Magens vorhanden, so werden die Magenhäute schwächer 
arbeiten, es kommt eine geringere Menge von Verdauungsferment in den 
Speisebrei und die Verdauung verlangsamt sich bis zur Trägheit des Darmes. 
Nun aber kann der schwache Magen eher eine grössere Menge Speisen ver* 
dauen, die locker und gut durchkaut hinein gelangen, als eine kleinere 
Quantität, die zu ihrem geringen Umfange wenig porös, daher schwer ist 
und der schnellen leichten Bewegung während des Fermentationsprozesses 
widersteht. Hieraus erklärt sich, dass der Magenschwache Speisen bevor 
zugen muss, welche bei ausgedehntem Volumen ,nur ein verhältnismässig 
geringes Gewicht haben. Darum ist der Rat verwerflich, zur schnellen Auf 
besserung der Kräfte des Kranken demselben den Genuss konzentrierter, 
d. h. viel Nährstoff bei geringer Ausdehnung enthaltenden, 
Speisen als Eier, Austern, Kraftgelee, Kaviar, Kraftgebäck u. v. a. zu 
empfehlen. — Unbedingt verboten werden muss jedem Verdauungsleidenden 
Roggenbrot, mit Sauerteig bereitet, denn der Genuss desselben würde 
neben der Unverdaulichkeit das Sodbrennen hervorbringen, ein Brennen 
am Magenmunde, das den Schlund aufwärts steigt und im Munde das Ge 
fühl einer brennenden Säure mit starker wässeriger Speichelabsonderung 
erzeugt, also den Kranken noch mehr entkräften müsste. Nur ein an 
Schwarzbrot gewöhnter Patient darf dasselbe mässig gemessen, aber dann 
muss dasselbe mit Hefe statt mit Sauerteig angemacht werden. Ebenso 
steht es mit dem Pumpernickel. Betreffs der Stuhlgangsbeförderung darf 
gesäuertes Schwarzbrot einem Kranken nicht gegeben werden, der sich einer 
Wässerheilkur unterzieht. Der behandelnde Arzt muss bedenken, dass, wenn 
die scharfe Säure auch eine vermehrte Absonderung von Flüssigkeit der 
Darmdrüse veranlasst, und infolge davon vermehrten Stuhlgang befördert, 
doch jene vermehrte Absonderung aus einer abnormen Reaktion besteht,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.