Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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rasthenie der Kopfnerven, der Kückenmarksnerven, des Herzens, des Magens. 
Dazu kommen noch die verschiedenen Angstzustände, wie Angst vor freien 
Plätzen, vor den Strassen, vor geschlossenen Räumen, vor Gesellschaft, vor 
Wasser und vor manchem anderen. 
Hiermit sind natürlich auch die Krankheitsbilder äusserst verschieden, 
und wie bekannt, liefert die Neurasthenie von allen Krankheiten die meisten 
Abwechselungen. Selbst an ein und derselben Person können sich die 
Krankheitserscheinungen im Handumdrehen ändern. Da klagt der eine 
hauptsächlich über Kopfdruck, Unfähigkeit zum Denken, Gedächtnisschwäche, 
Willensschwäche, Schwindel; ein anderer klagt besonders über Angst 
zustände aller Art, ein dritter über Rücken- und Gliederschmerzen, sowie 
über allerlei merkwürdige Empfindungen, wie Kribbeln, Ameisenlaufen, 
Brennen, Pelzigsein, auch wohl über Gefühllosigkeit oder übermässige 
Empfindsamkeit, ein vierter klagt über eine übermässige Schwäche des 
ganzen Körpers, die Glieder sind ihm schwer wie Blei und unbeweglich, er 
ist wie gelähmt am Körper; andere erzählen in erster Linie von ihren Magen 
beschwerden, Darmstörungen, Schlaflosigkeit etc. 
Je nach der Intensität der Krankheitserscheinungen können wir 
leichtere, mittelschwere und schwere Fälle unterscheiden. Die leichteren 
Erkrankungen bezeichnet man als nervöse Schwäche und sie gehen einher 
mit einer gewissen Ueberempfindlichkeit und Reizbarkeit gegen äussere 
Eindrücke, gegen Geräusche, ferner mit anhaltendem Kopfdruck, besonders 
nach geistigen Beschäftigungen, mit geistiger und körperlicher Schwäche in 
den Morgenstunden, wo sich ein gesunder Mensch am frischesten fühlt, mit 
leicht auftretendem Herzklopfen, Schlaflosigkeit. — In mittelschweren Fällen 
sind die genannten Symptome viel intensiver, die Arbeits- und Denkfähig 
keit geht zurück, so dass oft auch das Lesen ganz gleichgiltiger Dinge un 
möglich wird. Dazu kommen Gedächtnisschwäche, allerlei Angstzustände, 
wie die schon genannten, selbst Todesangst quält diese armen Kranken, 
ferner Schwindelanfalle, Blutandrang nach Brust und Kopf, erhöhte oder 
herabgesetzte Empfindlichkeit der Gefühlsnerven, auch abnorme Empfindungen 
in der Haut u. s. w. Endlich kommen vereinzelt auch noch .schwere neu- 
rasthenische Erkrankungen vor, welche die genannten Symptome in höchster 
Intensität zeigen. Man bezeichnet diese meist akut auftretenden höchsten 
Erschöpfungszustände des Nervensystems auch wohl als nervösen Schlaganfall. 
Die Behandlung der Neurasthenie muss in erster Linie eine ursächliche 
sein, d. h. es muss den Ursachen der Erkrankung nachgespürt und müssen 
dieselben aus dem Wege geschafft werden. Dass es in der Apotheke keine 
Heilmittel dagegen giebt, das dürfte heute wohl allgemein bekannt sein, 
höchstens lässt sich durch Medikamente das eine oder andere Symptom zeit 
weise gewaltsam unterdrücken, womit ja manchem Patienten gedient sein 
mag, aber in Wirklichkeit wird derselbe dadurch nur betrogen, denn ist die 
Wirkung verflogen, dann sind die Beschwerden wieder da. Nerven, welche 
im Laufe der Zeit durch äussere Reize ruiniert sind, können durch Arzneien 
niemals geheilt werden, dazu bedarf es Heilmittel natürlicher Art, nämlich 
Zerstreuung, Ruhe und Schlaf. Es ist Sorge zu tragen, dass alle schädi 
genden Reize fern bleiben, damit das erschöpfte Nervensystem Ruhe und 
Erholung bekommt. Wenn der Kranke letztere im eigenen Hause nicht 
findet, muss er heraus aufs Land, ins Gebirge, oder in eine geeignete Heil 
anstalt, wo er frei von seiner bisherigen Thätigkeit, frei von Geschäfts 
sorgen etc. und fern dem Leben und Treiben der Stadt, nur der Ruhe und 
der Erholung leben kann. Eine solche Erholungszeit muss auf 6—8 Wochen 
bemessen werden. 
Ferner muss die Lebensweise geregelt und naturgemäss geführt 
werden. Die Ernährung hat einen mächtigen Einfluss auf die Nervosität, 
wie die tägliche Erfahrung lehrt. Denn oft führt schon eine vernünftige 
Diätetik allein eine bedeutende Besserung herbei. Wenn sonst nicht An 
lass zu einer speziellen Diät vor Schrift vorliegt, so ist gewöhnlich die ge
	        
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