Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

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Streik M thatsächlich mit Zuchthaus bestraft werden sollte, durch ihre 
aufklärende Thätigkeit in sanitärer und hygienischer Beziehung doch 
unzweifelhaft zum Mitschuldigen jedes Zuchthäuslers macht, der um 
deswillen ins Zuchthaus gesteckt würde, weil er, um die Beseitigung 
irgend welcher sanitärer Missstände zu erzwingen, seinen Mitarbeitern 
das letzte Mittel hierzu: den Streik empfohlen hat. 
Also: nicht Beseitigung, nicht Beschränkung der Koalitions 
freiheit, sondern die grösstmöglichste Ausdehnung derselben — das 
muss auch die Forderung der Naturheilbewegung sein, nach der An 
sicht jener wirklichen Sozialpolitiker, die da erklären, dass ein un 
eingeschränktes, thatsächlich freies Koalitionsrecht die beste 
Sozialreform — und wie wir Naturheilvereinler hinzufügen wollen: 
die beste Sozialhygiene ist. 
Die Neurasthenie und ihre Behandlung. 
Dr. Berlin, prakt. Arzt in Guben. 
Die Nervosität oder Neurasthenie bezeichnet man häufig als die Krankheit 
des 19. Jahrhunderts. Doch glaube ich, dass es auch in früheren Jahr 
hunderten Neurastheniker gegeben hat, wenn auch nicht in solcher Menge 
als heute. Der Name Neurasthenie wurde von dem amerikanischen Nerven 
arzt Beard in die Medizin eingeführt, und von diesem wurde das Krankheitsbild 
zuerst beschrieben und als ein besonderes Leiden hingestellt. Frühere 
Autoren rechneten dasselbe der Hypochondrie oder der Hysterie zu. Inso 
fern ist die Neurasthenie also eine Krankheit dieses Jahrhunderts oder ge 
nauer der letzten Jahrzehnte. 
Unter Neurasthenie verstehen wir eine funktionelle Erkrankung des 
ganzen Nervensystems, wobei jede organische Erkrankung der Nerven mit 
Sicherheit ausgeschlossen ist. Die gestörte Thätigkeit der Nerven äussert 
sich hauptsächlich in einer herabgesetzten Widerstandsfähigkeit, in einer 
zu leichten Erschöpfbarkeit und in einer zu leichten Erregbarkeit und Reiz 
barkeit derselben. 
Die Krankheit kommt dadurch zu stände, dass auf unser Nervensystem 
von aussen her zu viele und zu intensive Reize einwirken, mehr als das 
selbe verträgt und aushalten kann. Dadurch werden schliesslich die 
stärksten Nerven geschädigt und überreizt, und es treten funktionelle 
Störungen ein, welche man eben als Neurasthenie bezeichnet. Die Art der 
Reize spielt dabei gar keine Rolle, es ist ganz gleich, ob es sich um über 
mässige geistige Arbeiten, um Ueberarbeitung handelt, um Kummer und 
Gram, um Aerger, Genusssucht, geschlechtliche Ausschweifungen, Nacht 
wachen, körperliche Ueberänstrengung, übertriebenen Sport, übermässigen 
Verbrauch von Genuss- und Reizmitteln, wie Gewürzen, Kaffee, Alkohol, 
Tabak etc., oder ob es sich um religiöse Dinge, um Politik etc. handelt. 
Weit mehr fällt dabei ins Gewicht, dass schon immer wieder neue Reize 
das Gehirn, bezw. das Centralnervensystem treffen, bevor die alten ver 
arbeitet und vergessen sind, und bevor die Nerven die nötige Zeit zur 
Ruhe und zur Erholung gehabt haben. Dabei entsteht dann schliesslich 
die psychische Ermüdung und die Unmöglichkeit, neue Eindrücke, neue 
Reize in sich aufzunehmen und zu verarbeiten. — Erbliche Anlage, mangel 
hafte Ernährung, schlechte, ungesunde Wohnung begünstigen die Enstehung 
der Neurasthenie. 
Wenn auch diese Funktionsstörungen mehr oder weniger das -ganze 
Nervensystem befallen, so sind doch stets einzelne Nervengebiete mehr er 
krankt als andere, z. B. die Kopfnerven, die Rückenmarksnerven, die Herz 
nerven, die Magennerven u, s. w., und wir sprechen dann von einer Neu