Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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rascher, tiefer und dauernder das Grundwasser sinkt, umsomehr 
faulige organische Substanzen werden blossgelegt und umgekehrt. 
Nach .dieser Richtung stimmen die Ansichten neuerer Forscher mit, 
den genannten beiden Gelehrten überein. 
Ob aber das specifische Typhusgift an Ort und Stelle entsteht,, 
oder ob es an die Ausscheidungen eines Typhuskranken gebunden* 
ist, das bleibt noch zu erforschen; nach unserer Ansicht hat doch die 
autochthone d. h. erderzeugte Entstehung die meiste Wahrscheinlich 
keit für sich. 
Das Brunnenwasser, von welchem Pettenkofer in Bezug auf: 
die Choleraepidemie sagte, dass es unmöglich eine auch nur unter 
geordnete Rolle bei der Verbreitung der Krankheit gespielt habe,, 
könnte auch nur ausnahmsweise den Typhusstoff enthalten, wenn es. 
zufällig durch abgeschwemmte faulige Stoffe getrübt ist; hierdurch 
wäre aber immer nur ein vereinzeltes Auftreten der Krankheit be 
greiflich, niemals eine epidemische Verbreitung. Die oberste Hilfs 
ursache des ausgedehnten Auftretens des Typhus ist daher das Grund 
wasser als solches nicht als Getränk; es bindet und enthält die 
spezifische Ursache des Typhus, lässt sie — wie alle Verwesungs 
stoffe — frei oder bindet sie. 
Das rasche und dauernde Sinken des Grundwassers bedingt aber 
auch die Intensität einer Typhusepidemie. Die Ue herein Stimmung ist 
so gross, dass man aus dem Gange des Grundwassers die Prognose 
auf eine zu befürchtende Epidemie stellen kann. Nämlich schon 
4—5 Monate lang vorher sinkt das Grundwasser und das erste ent 
schiedene Steigen desselben lässt die Abnahme der Epidemie er 
kennen. 
Die Erfahrung über den durch tausendjährige Kultur ausge 
werteten und fast nur mit Fäulnisstoff^n getränkten Boden, der 
kraftlos den Verwesungsstoffen gegenübersteht, dieselben in sich um 
zusetzen und zur Pflanzennahrung zu verwenden, wird zeigen, inwie 
fern eine radikale Abhilfe des Typhusübels dadurch möglich ist, dass, 
der Boden durch natürlichere Erd- und Ursteindüngungsmittel kraft 
strotzend gegen Fäulniserreger reagiert, dass überhaupt der Erdboden, 
selbst in Angriff genommen wird. 
Doch wird man schon jetzt im engeren Familienkreise dafür zu 
sorgen haben, dass faulige organische Stoffe, wie Küchenabfälle,* 
Fäces u. s. w., nicht dem Grund und Boden übergeben werden, viel 
mehr erst in einem mit Erde überdeckten Komposthaufen aus- 
gähren müssen, ehe sie dem Boden beigemischt werden dürfen. 
Nur vernünftige zweckvolle Hautpflege, reine atmosphärische 
Luft, Licht und gutes Wasser, bei häufiger gründlicher Reinigung, 
der Mund- und Rachenhöhle, die Herstellung gesunder Luft inWohn- 
und Schlafräumen und die Reinlichkeit und Mässigkeit im Essen und 
Trinken können den richtigen Schutz gegen Ansteckungsgefahren 
während einer Typhusepidemie gewähren. 
Ist aber der Typhus ausgebrochen, so ist die Reinigung der 
Mundhöhle des Kranken das erste Erfordernis, da beim Typhus die 
Mundhöhle der Sitz von Alterationen (Veränderungen) ist, deren 
Wichtigkeit bisher verkannt worden ist. Der Schleim, welcher Zunge*, 
Wangen, Gaumen und Zahnfleisch überzieht, zersetzt sich, da man ihn. 
künstlich gewöhnlich nicht entfernt, durch den unaufhörlich durch den
	        
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