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'und wärmeren Monate ist,. Im November ist schon eine raschere
Steigern« g beim erkbar.
Die Betrachtung dieser 'Verhältnisse drängt die Frage auf, ob
nicht dieses erst mehrere Jahre hindurch fortdauernde Steigen und
der darauf einige Jahre lang folgende Abfall von einer bestimmten
Ursache abliänge, welche analoge Schwankungen durchmacht. Hiermit
ist nicht die letzte spezifische (eigenartige, besondere) Ursache des
Typhus gemeint, sondern diejenige Hilfsursache, welche das Auftreten
jener spezifischen Ursache bald hindert, bald fördert, welche als Grund
-der I m t e n s 11 ä t (Grad,, Stärke) und der A u s b r e i t u n g, des
epidemischen oder des vereinzelten Auftretens des Typhus angesehen
werden muss. Man hat diese Ursache in den Jahreszeiten oder
in dem Quantum der meteorischen Niederschläge gesucht;
allein % bei genauerer Erwägung und Erörterung dieser Verhältnisse
"lassen sich jene Vermutungen nicht halten, solange diese Niederschläge
nicht durch faulende Verwesungsprodukte infiziert, zur Nahrung und
zum Trinken für die Menschen verwendet worden sind.
Anders aber ist es mit dem V erhältnis des T y phu.s zum
firundw asser. Bekanntlich kam P'ettenkofer in seinen Unter
suchungen über die Ursachen der Cholera auf die Idee, das unter
der Oberfläche unseres Erdbodens befindliche Wasser näher in Be
tracht zu ziehen. Einen ähnlichen Einfluss wie auf die Cholera hat
nun — wie schon Prof. Buhl vor fast 40 Jahren ausein andergesetzt
und bewiesen hatte — das Grundwasser auf den Typ h u s.
Der Vergleich der Typhus sterblichkeit mit den Schwank
ungen des Grundwassers ergiebt thatsächlich einen Zusammenhang
zwischen beiden. Dieses Verhältnis zeigt sich nicht nur im Bereiche
jedes Einzeljahres, sondern auch im Verlauf aller beobachteten Jahre,
So lange das Grundwasser fortwährend steigt, nimmt die
Gesamtzahl der an Typhüs Gestorbenen konstant ab; so lange das
erster© fortwährend fällt, steigt der Typhus an. Die weitere
Betrachtung ergiebt ferner, dass der Typhus nicht eigentlich im Ver
hältnis zum jeweiligen Niveau des Grundwassers steht, sondern
nur zur jeweiligen Bewegung desselben. Die Dauer und Schnellig
keit der einen oder anderen Bewegung enthält das Mass für die
Intensität und die Ausdehnung des'Typhus. Das Erscheinen
und Aufhören einer Typhusepidemie hängt unstreitig mit dem Fallen
und Wiederanschwellen des Grundwassers zusammen. Die Gründe
des Auftretens wie des Erlöschens liegen nicht in den Menschen,
sondern in dem Boden, auf welchem sie leben, und insbesondere in
den vielen Fäulnis- und Verwesungsprodukten, womit infolge Durch
sickerns das Grundwasser infiziert wird.
Im ganzen genommen, hat Prof. Buhl kein Bedenken getragen, die
von Pettenkofer für die Cholera an genommene Voraussetzung
auch für den T y p hu s herbeizuziehen, dass sich die spezifische
Ursache der Krankheit im Boden befindet, mit dem Sinken
des Grundwassers blossgelegt, mit dem Steigen desselben
überdeckt wird. ' f
Die spezifische Ursache ist wahrscheinlich in den faulenden
Materien zahlloser organischer Gebilde zu suchen, welche durch das
Sinken des Grundwassers blossgelegt werden und deren Zersetzungs
produkte über die Oberfläche des porösen Bodens hervortreten. Je