Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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deutschen Vaterlandes., zum Glück der Menschheit. Das ist unser Wunsch 
und von diesen Empfindungen getragen, bitte ich Sie, mit mir einzustimmen 
in den Ruf: ,,Die Naturheilkunde und die Naturheilvereine, sie leben hoch!“ 
Verbrannte, Verbrühte, Verätzte. 
Von W. Siegert.*) 
Schwer Verbrannte oder Verbrühte lagere zunächst behutsam auf einen 
mit Decken (Betten) belegten Tisch (Teppich) in ein warmes Zimmer. Im 
Bett kannst du nicht gehörig hantieren. Entferne die Kleider, Strümpfe des 
Verunglückten nie durch Ziehen oder Reissen, weil dabei die Haut abgeht; 
schneide sie vielmehr mit einer scharfen Scheere so auf, dass die einzelnen 
Stücke von selbst abfallen. Klebt etwas an der Haut, so lass es dran und 
um schneide die Stelle behutsam. Mit der Haut geht der Brandwunde das beste 
Schutzmittel verloren. Die Blasen stich von der Seite mit einer Nähnadel an, 
so dass die Flüssigkeit aüsläuft; schneide sie aber weder auf noch ab. Begiesse 
die Brandwunden sofort mit fetter Milch oder Sahne (das beste Mittel!), mit 
Eiweiss oder Oel (Lein- oder Olivenöl), und lege dann Streifen reiner Lein 
wand auf, die du in diese fettigen Flüssigkeiten getaucht oder mit Brandöl 
(einem Gemisch von Leinöl mit Kalkwasser, ohne Thymol in der Apotheke zu 
fordern) bestrichen hast. Dieser Verband schützt die Nerven der Brandwunde 
vor der Luft, vertritt gewissermassen die Stelle der Haut. Auf diesen Schutz 
verband lege alle 10—15 Minuten (sobald die Wunde zu schmerzen anfängt) 
Kompressen (zwei- bis vierfach zusammengelegte Leinewand), die du in laues 
Wasser (etwa 24°) tauchst und gut ausdrückst. Füge dem Wasser stets etwas 
Sahne oder Milch (1 Esslöffel Sahne oder 2 Esslöffel Milch auf V 2 Liter Wasser) 
zu. Kaltes Wasser reizt zu sehr. Ueber die feuchten Kompressen kommen 
dicke Lagen Watte oder vierfache Lagen Wollstoff, die man mit Bändern oder 
Sicherheitsnadeln befestigt. Nach einiger Zeit verträgt der Verletzte die 
Kompressen elwas kühler (20—22°; die höhere Temperatur in der kühlen, 
die niedrigere in der warmen Jahreszeit) und länger (20, 30, 60 Minuten und 
mehr). Trocken werden der Komprpssen oder eintretendes Schmerzgefühl zeigen 
an, dass ein Wechsel nötig ist. Achte besonders darauf, dass die Watte- oder 
Wolllage gehörig dick genommen wird, damit die Wunde dauernd in feuchter 
Wärme bleibt. Im Notfall lege noch ein Bett um. Den Schutzverband be 
träufele mehrmals am Tage mit Sahne, fetter Milch oder anderen fettigen 
Flüssigkeiten (siehe oben), oder bestreiche ihn von aussen mit Brandöl (Feder 
bart oder weichen Pinsel!), wechsele ihn aber erst am zweiten Tage und von 
da ab einmal täglich recht behutsam. Bei dieser Gelegenheit bade die Wunde 
in lauwarmem Wasser (etwa 26°) und säubere sie mit reinen, in lauwarmes 
Wasser getauchten Leinwandbäuschchen, soweit dies möglich ist, ohne dem 
Verletzten zu grosse Schmerzen zu verursachen. Der Eiter dringt, so lange 
er dünnflüssig ist, unter dem Schutzverbande hervor. Wird er nach einigen 
Tagen dicker, so hat sich die neue Haut soweit gebildet, dass man die feuchten 
Kompressen (etwa 22°, gut ausgedrückt) direkt auf die Wunde bringen, den 
Schutzverband also weglassen kann. Sie bleiben liegen, bis sie anfangen 
trocken zu werden (bis 2 Stunden). Gut warm halten! Einmal am Tage die 
Wunde lauwarm (etwa 26°) waschen oder baden. Lass dich nicht beirren, 
wenn „wildes Fleisch“ entsteht. Eiternde Wunden können ohne diese Fleisch 
wärzchen nicht heilen. 
Ist die Brandwunde nicht offen, d. h. also die Haut nicht abgerissen, so 
ist ein Schutverband nicht nötig; die lauen Kompressen kommen dann direkt 
auf die Brandwunde und werden beim Lästigwerden (anfänglich in 10, 15, 
*) Wir entnehmen diesen Beitrag einem Kapitel des vortrefflichen Siegert’schen 
Baches „Erste Hilfe bei Unglücksfällen“, Preis 60 Pf. (bei Abnahme von Partien 
billiger), welches kürzlich im Verlage von Wilhelm Möller, Berlin S., Prinzenstrasse 95, 
erschienen ist. Die Redaktion.
	        
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