Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

Der 
Naturarzt 
Zeitschrift 
des 
Deutschen Bundes der Vereine für Gesundheitspflege 
und arzneilose Heilweise. 
no. 7. Berlin, Juli 1898. 26. Jahrg. 
Um genaue Beachtung der auf dem Titelblatt angegebenen Vorstands-Adresse wird dringend gebeten. 
—Aus Wissenschaft und Leben. §^— 
Die Hauptgesichtspunkte der Naturheilbewegung. 
Festrede zur Pfingstversammlung des Deutschen Bundes der Naturheilvereine 
zu Halle. 
von Dr. Hirsch£eId-Charlottenburg. 
Werte Festgenossen! 
Allen Menschen gemeinsam ist das Streben nach körperlichem und 
geistigem Wohlbefinden, nach Zufriedenheit, nach Glück. Bewusst oder 
unbewusst beherrscht dieser Trieb alle Wesen, direkt oder indirekt jede 
einzige Handlung. Jede That, jede Bewegung, jede Vereinigung, die nicht 
das Glück des Menschen befördert, hat ihren Zweck verfehlt. Allerdings 
ist die Vorstellung von dem, was Glück ist, eine sehr verschiedene. 
Glück, was ist Glück? Wer weiss es mir zu nennen, 
Was jeder sucht und was so wen’ge kennen, 
Wonach wir alle jagen stets und rennen, 
Wofür selbst Greise glühen noch und brennen, 
Glück, was ist Glück? Wer weiss es mir zu nennen? 
So fragt der Dichter Friedr. Halm und antwortet selbst: 
Dem ist es Reichtum, jener nennt es Macht, 
Dort grünt es einem in des Lorbeers Pracht, 
Der findet es in wüst durchschwelgter Nacht, 
Und dieser, wenn er sie beim Buch durchwacht, 
Glück ist, was jeder sich als Glück gedacht. 
In der That, ungemein mannigfaltig ist der Glücksbegriff. Giebt es 
doch selbst ein Glück des Leidens, eine Wollust des Schmerzes. Die 
Geisselbrüder, die sich im Mittelalter den Körper blutig peitschten, em 
pfanden dabei in der Hoffnung auf den Himmel zweifellos eine innere 
Seligkeit. 
Das edelste Glück ist das des Beglückens. Zwar heisst es: 
Nur wer sein eigen Glück ans Kreuz geschlagen, 
Kann ein Erlöser für die Menschheit sein, 
doch dürfen wir mit Recht annehmen, dass trotz der Enttäuschungen, Ver 
kennungen und Gehässigkeiten die grossen Umsturzmänner aller Zeiten, 
von Socrates bis heute, die für ihre Ueberzeugung verfolgt, vergiftet und 
gekreuzigt wurden, im idealen Kampf für ihre Wahrheiten, im Glücke des 
Beglückens glücklich waren.
	        
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