Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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anteil am Schlafe und seiner „Schöpferarbeit“ zufallen? Ohne Frage. Sie ist nicht; 
Schlafmittel, sondern-im weitesten Sinne des Wortes „Schlaf bedingung“. Je mehr wir 
uns ihr nun im Schlafe anvertrauen, desto wirksamer wird er sein! — 
So, lieber Leser, nun packe dich bis an die Ohren in deine Federbetten ein. 
Solltest du zu stolz dazu sein, sie mittels einer Wärmeflasche vorzuwärmen, so wird' 
ein Kälteschauer deine Gebeine durchrieseln — aber das macht nichts, du bist daran 
gewöhnt. Nach 10—20—50 Minuten schläfst du ein. Interessiert es dich wohl, zu 
erfahren, was nun in deinem Leibe vorgeht? 
Sobald dein Bett' durchwärmt ist, kann von weiterer Wärmeabgabe keine Rede 
mehr sein. 6—8 Stunden nach Verlassen ist ein zugedecktes Bett immer noch warm. 
Der geringe Luftraum zwischen dem Bett und deinen Gliedern ist mit Kohlensäure, 
Wasserdampf und anderen Produkten erfüllt, folglich kann auch kein Stoflaustausch 
durch deine Hautporen vor sich gehen, das Blut müsste denn seine eigenen Auswurf 
stoffe wieder aufnehmen. 
Da nun Wärme und Gase nicht mehr entweichen, ist’s doch wohl nötig, das» 
der Stoffumsatz ruht, sonst würde wohl ein Fieber oder eine Vergiftungserscheinung 
auftreten!? Mutter Natur will aber nicht, dass du stirbst oder krank werdest — sie 
hat ein Mittel, dich vor Verbrennung und Vergiftung eine Weile zu schützen — sie 
vernichtet die Wärmebildner, die roten Blutkörperchen, und siehe da — du schläfst. — 
So hast du deine Haut zur Ruhe gebracht. Meinst du wohl, dass sie sich dadurch 
kräftige wie deine Muskeln und dann um so leistungsfähiger sei? Bedürfen wohl 
Lungen und Herz der Ruhe? Und woher soll der Schlaf das Material zum Neu 
aufbau in deinem Organismus nehmen, wenn du dich in deinen eigenen Atmungs 
produkten badest und den Stoffumsatz unterbindest? 
So vollzieht sich in jeder Nacht unter dem Federbett ein Blutkörpermord, wenn 
anders du am Tage durch Bewegung, Atmung und Nahrung für Säfteverbesserung 
gesorgt hast; so wird deine Haut deiner Lebenszeit ihres Rechtes auf Arbeit be 
raubt, erlahmen und anstatt minutiös auf jeden Reiz zu reagieren dich vor jedem 
Wärmeverlust und vor Ueberhitzung zu schützen, wird sie dich schutzlos der Er 
kältung überlassen und zur Vorsicht zwingen. — Diesem Uebel begegnest du durch 
eine kühle Waschung? — Gut! — Glaubst du aber wirklich damit das Defizit auszu 
gleichen, das der Schlaf aus Luftmangel zurückgelassen? 
Du suchtest Gesundheit, Kraft und Leben in deinem Bett und fandest Blut 
entmischung, Säfteverderbnis, Verminderung des Stoffwechsels, Störung der Wärme- 
Ökonomie, Erschlaffung der Haut — alles das, was wir am besten mit dem Sammel 
namen „Verweichlichung und Disposition“ bezeichnen. Oder wüsstest du etwas anderes, 
als das Federbett sicherer als Ursache dieses Allgemeinleidens zu nennen? 
Doch du hast einen gewichtigen Einwand! — Mutter und Grossmutter haben 
im Federbett geschlafen und sind 80 Jahre alt geworden! — Wohl dir, du hast einen 
guten Fond von Lebenskraft als Erbteil übernommen und ihm dankst du, dass du 
lebst! — Allein hat sich das Leben deiner Eltern und Grosseltern wohl auch auf der 
Schulbank und im Bureau unter fortgesetzter Anspannung als Geisteskräfte abge 
spielt? Vor Erkältung waren die Alten sehr auf der Hut, aber „Nerven“ hatten sie 
noch nicht! Und wenn du heute zu den Glücklichen zählst, die tagsüber in Sauer 
stoff schwelgen, so absolviert dich Mutter Natur auch von anderen Sünden als vom 
Schlaf in Federbetten! 
Doch das alles wissen die Leser dieses Blattes, wissen es auch, dass eine 
Bettenreform seit 50 Jahren als Notwendigkeit gepredigt worden ist, aber ein wirk 
licher, guter Ersatz war nicht da. Das nun ist’s, was wir Steiner in Frankenberg 
verdanken — ein prachtvolles, molliges, reinliches, warmes, aber luftiges Bett! — 
Wie ist dies beschaffen? 
Aus einer Drahtseilmatraze, die für jedes Gewicht und Bedürfnis straff oder 
lose eingestellt wird, — aus einer Haferspreu- oder Rosshaarmatraze, die man auf 
geknöpft in den Sonnenschein legen und deren Staub (Moder und Pilze) man direkt 
in die Luft klopfen kann, — aus sehr porösen Kopfkissen mit Rosshaar gefüllt und 
prachtvollen, schmiegsamen Decken, die aus Trikot mit Mooswolle gesteppt sind. — 
Gesunde Körperlage, Entlastung aller Glieder von jedem Drucke, geruchfreie, trockene,, 
ewig, wechselnde reine Luft für Lungen und Haut—in der That Jdeale jedes Müden, 
und jedes denkenden Menschen. Auch der Preis dieser Betten ist keineswegs höher 
als derjenige der Federbetten und variiert derselbe — wenn ich mich nicht irre — 
zwischen 35 und 600 Mark. Wie es einerseits unsere Aufgabe ist, auf hygienische 
Fehler und Schäden aufmerksam zu machen, und dadurch zur Beseitigung derselben 
beizutragen, so ist es nicht minder unsere Pflicht, auf Verdienste in Bezug auf 
hygienische Reformen binzuweisen und derer zu gedenken, die als Pioniere der Gesundheits 
pflege zu betrachten sind. Steiner aber ist der bedeutendste Pionier der Bettenreform. —
	        
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