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dient dazu, dem innern Ohr, der Trommelhöhle Luft zuzuführen. Die er
wähnten Schwellungen drücken aber die Röhre zu, die Trommelhöhle wird
allmählich luftleer, und das Ohr unfähig zur Aufnahme und Fortleitung des
Schalles. Unser kleiner Patient wird langsam, manchmal sehr langsam und
ohne dass er es merkt oder es beachtet, schwerhörig. Eltern und Lehrer
geben darauf anfangs nicht viel, weil ja meist in Zwischenräumen eine
Besserung eintritt. Erst wenn das mit „Stockschnupfen“ behaftete Kind
zurückbleibt hinter seiner Klasse, wird dem Uebel Beachtung geschenkt.
Wir haben gesehen, dass aus scheinbar unwesentlichen Anfängen sich
eine Gefahr entwickelt für die Gesundheit und das Fortkommen der Schüler.
Nehmen wir also den Schnupfen nicht zu leicht. Härten wir vor allem
unsere Kinder von Jugend auf ab, und wenn trotzdem, infolge der Ver
zärtelung unseres ganzen Geschlechtes, sich Katarrhe der Luftwege ein
stellen, so zögern wir nicht, alsbald den Bat und die Hilfe eines sachkundigen,
tüchtigen Arztes in Anspruch zu nehmen, denn es handelt sich um unser
Liebstes auf Erden, um — unsere Kinder.
Zum Kampfe gegen Modegifte und
Modethorheiten.
Das Schlafen und die Lösung der Bettenfrage.
Von Reinh. Gerling.
Vor 10 Jahren stand der erste und auch der letzte Artikel über die Betten*
frage in diesem Blatte. Seitdem hat sich gleichsam, abseits von unserer Bewegung
und doch als ein Stück derselben die Bettenreform vollzogen, sich aller Kreise be
mächtigt und so festen Boden gewonnen, dass wir mit ihr als einer fertigen Sache
rechnen können. Mir ist’s wie vielen andern ergangen: die Menge der Fragen, die
mich beschäftigen, hat mich vom Nächstliegenden abgelenkt. Um so grösser war mein
Erstaunen, als ich Steiners Riesen-Etablissement mit seinen hunderten von Maschinen
und mehr als 400 Arbeitern sah, die alle im Dienste der Bettenreform arbeiten, und
aufrichtig war meine Freude, als ich das Reformbett in seiner vollkommenen Gestalt
und seinen unendlichen Variationen vor mir erblickte. Es erscheint mir seitdem
.geradezu als Pflicht, Steiners hohe Verdienste um die hygienische Bewegung und die
Wichtigkeit der Bettenreform selbst in den Kreis unserer Betrachtungen zu ziehen.
Der Grundsatz unserer Bewegung ist und bleibt doch die Absicht, unsere Haut
in ihre Rechte einzusetzen, ihr soviel als möglich Anteil am Stoffumsatz durch
Atmung und die Wärmeregulierung zu übertragen. Unsere Absicht wird aber mehr
-oder weniger an unserer Lebensweise, Berufsarbeit u. s. w. ein Hindernis finden.
Wir sind Sklaven der Kultur. Unsere Sklaverei dauert bis zu dem Moment, in dem
wir unsere Kleider ab- und uns zum Schlafe niederlegen; — dann sind wir frei aber
auch krank. Unsere Tagesleistung hat eine Störung im Organismus erzeugt, die uns
in Form von Müdigkeit zum Stillstand zwingt. Vom Schlafe erwarten wir die Heilung.
Was aber heisst das? Wir verlangen oder erwarten ohne weiteres, dass uns Mutter
Natur im Schlafe mit Leibes- und Geisteskräften überschütte, den gestörten
Organismus repariere, mit der notwendigen Spannung für ein Tagespensum ausrüste
und fragen nicht darnach, ob wir ihr bei dieser Schöpferarbeit hilfreich zur Hand gehen
können!
Den Wert des Schlafes kennen Aerzte und Kranke am besten, und unsere Heil
methode ist reich an Mitteln, Schlaf zu schaffen, — allein alle Schlafmittel können
keinen gleichwertigen Ersatz bieten für die nötigsten Schlafbedingungen. Und
mur wenn wir diese ins Auge fassen, kommen wir der Natur näher als mit allen
„Prozeduren“.
Wir sind Luftgeschöpfe wie alle Säugetiere und Vögel, unsere Haut hat reichlich
so viele Pflichten und Arbeit, als die der Tiere. Die Wärmeregelung ist ihr beinahe
ganz allein überlassen und diese Haut braucht für ihre Arbeit Luft, nichts als Luft —
ihr Element. Diese Luft aber ist fast immer frisch und rein zu haben, — sie hält
uns als schlechter Wärmeleiter warm, sie kühlt uns durch ständige Bewegung, sie
besorgt den Stoffumsatz und die Ernährung durch Verbrennung, sie entführt aus
'unserem Blute, was uns müde und krank macht. Sollte ihr nicht auch der Löwen