Volltext: Der Naturarzt 1896 (1896)

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mehr als Schlafräume für Dienstboten zu benutzen. Eine Beschwerde beim 
Oberpräsidenteil war von Erfolg nicht begleitet gewesen. Alsdann beschritt man 
den Klageweg gegen den Oberpräsidenten beim Oberverwaltungsgericht, 
Letzteres erklärte jedoch nach umfangreicher Beweisaufnahme das Vorgehen 
der Polizeibehörde für begründet. 
Auch ein Prozess. Der Arzt Dr. Leo Weiss in Wien war am 20. Januar 
v. J. um Va 2 Uhr nachmittags zu dem erkrankten Bäckergehilfen Joseph Chmel 
gerufen worden. Dr. Weiss erklärte Chmel ohne nähere Untersuchung und 
lediglich nach dem G-eruche des Erbrocheneu für berauscht; er beschränkte sich 
daher auf die Anordnung, dass man dem Manne Sodawasser reichen und ihn 
ausschlafen lassen solle. Um 5 Uhr jedoch starb Chmel, der in Wahrheit 
ernstlich krank gewesen war, wahrscheinlich an einer Gehirnlähmung. Dr. Weiss 
wurde infolge dieses Vorfalles in Untersuchung gezogen — und wurde endlich 
nach dem Buchstaben des Gesetzes — freigesprochen! 
—^ Büehersehau. 
Die Gründer der Naturheilkunde. Das unter dem Titel „Unsere Bahnbrecher“ 
dem „Naturarzt-Kalender“ 1896 beigegebene Titelbild hat ungeteilten Beifall gefunden. 
Wir machen darauf aufmerksam, dass von diesem Bild auch grössere Ausgaben als 
Wandbilder, für Vereinslokale, Sprechzimmer der Aerzte, für Naturheilanstaltenetc. sehr 
geeignet sind. Die Ausführung erscheint künstlerisch vorzüglich. Ueber die Preise 
der verschiedenen Ausgaben, die vorrätigen Grössen etc. erteilt die „Graphische Kunst 
anstalt“ in Koblenz (H. Reichel) gern Bescheid. Das Gruppenbild umfasst die Porträts 
von Priessnitz, Schindler, Schroth, Kneipp, Hahn, Rikli, Rausse. 
„Die Natur-Tier-Heilkunde“ heisst eine neue Zeitschrift, welche zweimal monatlich 
in Duderstadt (Caesar Rhan) erscheint. Der Gedanke, der diesem Organ zu Grunde 
liegt, ist ein guter und die Ausführung desselben, nach den vorliegenden Nummern 
zu urteilen, eine glückliche. Das Blatt kann, namentlich in landwirtschaftlichen Kreisen, 
unserer Sache ein wichtiger Pionier werden. Für unsere Bundesmitglieder hat der 
Herausgeber Ausnahmepreise bewilligt: '5 Exemplare an eine Adresse halbjährlich pro 
Streifband 6.25 Mk., 10 Exemplare an eine Adresse halbjährlich pro Streifband 10 Mk. 
Es gingen noch folgende Schriften ein: 
Otto Bütow, Ingenieur, Die Weltordnung. II. Band. Die sociale Frage. Verlag 
Albert Limback, Braunschweig. Preis 4,50 Mk. 
Zimmer, Prof. D. Friedrich, Der Evangelische Diakonieverein. Seine Aufgaben 
und seine Arbeit. Zweite erweiterte Auflage. Herborn 1895, Verlag des Ev. Diakonie 
vereins (für den Buchhandel in Kommission der Buchhandlung des Nassauischen Kolpor 
tagevereins) 138 S. 80 Pfg. 
i. G. Brockmann, Entlarvter Unsinn. Leipzig, Selbstverlag. 33 S. Preis 0,50 M. 
—31 Feuilleton. §fc— 
Zerbrochenes Glück. 
von Emmy von Borgsted e. 
„Leb’ wohl, Annie, leb’ wohl! u Der blasse, stille Gelehrte führt sein 
Kind am Arm vor die Hausthür und sieht ihm noch einmal mit heisser Zärt 
lichkeit ins Antlitz. — „Gott schütze dich, Mäuschen.“ 
„Lass mich bei dir bleiben, Vater“, bittet das schöne, junge Weib, von 
plötzlicher Angst erfasst, sein blondes Haupt an seine Schulter schmiegend. 
„Annie!“ — es klingt tief erschreckt — „liebst du deinen Gatten 
denn nicht?“ 
„Doch, Väterchen — aber bei dir war Frieden — wer weiss, wie die 
Zukunft an Richards Seite sein wird.“ 
„Kind, liebes Kind!“ 
Dem alternden Mann ist es, als müsse er sein teuerstes, sein bestes Gut 
halten und bewahren, als müsse er dem harrenden Gatten dort im Wagen 
seine Tochter verweigern. Hatte jener fremde Mann denn überhaupt eine 
Ahnung, eine Wertschätzung des Kleinodes, welches er erwarb? Was wusste
	        
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