Volltext: Der Naturarzt 1896 (1896)

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Da nun diese schädlichen Stoffe ins Blut übergeführt werden, so reizen 
sie das Herz, das zeigt sich an erhöhter Pulsthätigkeit; wenn das Herz eines 
Erwachsenen hei reizloser Kost 58 Schläge macht, so macht es bei Eleischkost 
72 Schläge pro Minute. Da nun diese Stoffe grossenteils durch die Nieren 
nusgeschieden werden, so müssen bei starker Eleischkost auch bei gesundem 
Magen Nierenleiden entstehen, in Verbindung mit diesen aber Wassersucht und 
Gicht, welch beide durch einen Ueberschuss an Wasser und harnsauren 
Salzen und Kalken bedingt sind, welche Stoffe die gereizten, kranken Nieren 
nicht ausscheiden können. 
Wenn nun aber jemand fragte, wieviel Fleisch denn verdaut wird, wo 
denn die Grenze sei, über die man hinaus nicht gehen darf? Dr. Lahmann 
sagt: „Vor ungefähr 15 Jahren musste man noch 130 gr Eiweiss konsumieren, 
vor ungefähr 10 Jahren ging man auf 80 gr herunter und seitdem sogar auf 
40 gr für den Tag“. Und weiter: „Mit der Eiweisstheorie sind wir ja doch 
.am Ende. Ein Kranker kann bis zum Skelett abmagern; sofern ihm aber die 
Festigkeit des letzteren erhalten bleibt, hat er sich im Handumdrehen aus jed 
weder, sogar aus theoretisch ungeeigneter eiweissarmer Nahrung einen genügen 
den Organeiweissbestand wieder angegessen u . Um nun zum Ausgangspunkt 
.zurückzugehen: Giebt Fleisch immer Fleisch? Nein, oft giebt es auch starkes, 
verheerendes Gift und durch dieses Herz-, Mageh- und Nierenleiden, sowie 
Wassersucht und Gicht. 
3. „Bier ist ein Nahrungsmittel“. Kürzlich wurde diese Behauptung 
von einem jungen Apotheker aufgestellt. Ich befand mich in P., und wir 
.sassen nach dem Vortrage gemütlich beisammen, da ging genannter Herr an 
eins vorüber und meinte zu einem ihm bekannten Herrn: „Na, Sie Wassermann, 
trinken Sie denn heute auch Wasser? Da lobe ich mir doch das Bier, das ist 
doch etwas durables, das ist ein Nahrungsmittel“ u. s. w. Da das in einem 
«öffentlichen Lokal geschah, in dem viele Gäste sassen, die eben leicht denken 
konnten: „Der muss es wissen“, und da genannter Herr sonst ganz gemütlich 
aussah, so dass ich annehmen konnte, es würde kein Streit entstehen, erwiderte 
ich ihm: „Das glauben Sie doch wohl nicht, das sprechen Sie gegen Ihre 
bessere Ueberzeugung aus.“ „Durchaus nicht“, war die Antwort, „der Nähr 
wert liegt doch im Malz“. „Ja, Sie werden aber doch als Apotheker wissen, 
dass der Zuckerstoff im Malz, der den Nährgehalt liefern soll, durch die 
Gährung vollständig in Alkohol verwandelt wird?“ „Ja, der Alkohol ist aber 
doch auch ein Nahrungsmittel, wenn auch nicht direkt.“ — Hier empfahl sich 
der Herr freundlichst, da der Skattisch seiner wartete. — Es ist spassig, wie 
manche Gelehrte sich abquälen, um dem Bier seinen Buf als Nahrungmittel zu 
erhalten, während sie doch anderseits ihm jede Berechtigung dazu absprechen 
müssen. Bock schreibt: „Das Bier ist ein schwach nährendes Getränk. Trotz 
dem müsste man 12 — 13 Liter täglich trinken, wenn man den nötigen Kohlen 
stoff in den Körper nur durch Bier einführen wollte. Dabei müsste aber noch 
Eiweiss zugeführt werden, denn der Eiweissgehalt des Bieres ist sehr gering.“ 
Ach, ach! Und das nennt sich Nahrungsmittel! 25-^30 Seidel Bier täglich, 
um V 2 Pfd. Brot zu ersetzen, und natürlich in jedes Glas ein Ei geschlagen! 
Ich glaube, das leistet das reine Wasser auch. Und nun zum Alkohol. Vor 
mir liegt ein Artikel aus einem Konversationslexikon. Himmel, was ist da der 
Alkohol für ein segenbringender, herrlicher Stoff. Da wäre es ja geradezu 
eine Todsünde, nicht täglich ein gehöriges Quantum zu vertilgen. Man weiss 
wirklich nicht, ist der Artikel der Begeisterung oder der Furcht, den bösen 
Dämon zu beleidigen, entsprungen. Ich nehme einen Satz aus diesem Artikel 
heraus, stelle ihn an die Spitze der Betrachtung und folgere daraus die haupt 
sächlichsten der dem Alkohol nachgerühmten Wirkungen, um dann kurz nacli- 
zuweisen, was von den Wirkungen zu halten ist. Die Behauptung lautet: 
„Absoluter Alkohol wirkt schon in kleinen Dosen ätzend.“ Daher rührt: 
„Das momentane Wärmegefühl,“ — besser gesagt, das Brennen, Aetzen 
der Magenschleimhaut;
	        
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