Volltext: Der Naturarzt 1894. (1894)

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•Malten kann •— des.Korsetts wegen! Es ist ein traurig lächerliches Bild, 
wenn man die Beden der heutigen Frauenrechtlerinnen hört, die Gleich 
stellung von Mann und Erau verlangen, während sie bei ihren schönen 
W orten das persönliche Unbehagen nicht los werden können, das ihnen die 
Geissei Korsett verursacht.*) 
Gleichstellung für zwei Individuen verschiedener Gattung, von denen 
das eine seinen Körper natürlich hat aufwachsen lassen, während das andere 
ihn verkrüppelt und in seinen Urformen verändert hat? Gleichstellung für 
den Kranken und den Gesunden? Das ist unmöglich! 
Ehe die Erauen sich nicht frei machen aus der körperlichen Eessel, 
die sie sich selbst anlegten und deren Konsequenz erst die soziale Eessel 
ist, eher werden sie die letztere nicht sprengen können und nicht sprengen 
dürfen, denn wer in der Oeffentlichkeit arbeiten will, muss der Oeffentlich- 
keit seine.ganze Kraft und Gesundheit entgegenbringen. 
Gerade das Korsett ist die sichere Grundlage der Mode, auf der diese 
ihren gefährlichen Turm aufbaut. Wenn es uns gelingt, , das Korsett ganz 
zu beseitigen, so werden mit ihm eine Unzahl moderner Modethorheiten von 
selbst abfällen, denn viele derselben lassen sich überhaupt nur tragen als 
Begleiterinnen des Korsetts. 
Die Abschaffung des Korsetts wäre demnach eim Triumph des Frauen 
geschlechtes, ein Fortschritt, dessen Konsequenzen wir garnicht übersehen 
können. Mit Gewaltmassregeln, mit Vorträgen und Broschüren allein können 
wir nichts ausrichten, wohl aber mit dem guten Beispiel, mit einer Anzahl 
Pionierinnen, die der Masse vorangehen und ihr durch eigenes Schaffen 
zeigen, was man leisten kann, wenn man seinen Körper frei 'gemacht hat 
von der grausamen Fessel. 
Wir müssen bei der geringsten passenden Gelegenheit die Korsettfrage 
immer und immer wieder aufs Tapet bringen, immer wieder seine Vorteile 
verkünden — aber aus eigener Erfahrung. Das lebende Wort, am lebenden 
Körper bestätigt, wirkt mehr, als tausend gute Bücher und theoretische 
Vorträge —- und in diesem Sinne müssen wir kämpfen, soll der Sieg 
unser sein! 
*) Eine mittelgrosse Erwachsene atmet im geschnürten Korsett 10—20—84 Prozent 
Luft weniger ein, als bei offenem. Innerhalb i2 Standen gehen im ersten Falle 576000 Gr. 
Luft oder der Wert von 1152 Atemzügen verloren. (Anm. d. Bed.) 
Briefkasten. 
An. mehrere« Gewiss sind für den „Sprechsaal“ auch die Hinweise auf Miss 
stände willkommen; aber diese müssen allgemeineres Interesse haben und dann müssen 
alle Sprechsaal Artikel mit vollem harnen unterzeichnet werden. Anonyme Angriffe sind 
natürlich ausgeschlossen. A. D. 
M. in L. Der hier in Betracht kommende § 300 für das Deutsche Reich lautet: 
„Rechtsanwälte, Advokaten, Notare, Verteidiger in Strafsachen, Aeizte, Wundärzte, 
Hebammen, Apotheker, sowie die Gehilfen dieser Personen werden, wenn sie unbefugt 
Privatgeheimnisse offenbaren, die ihnen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes an 
vertraut sind, mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten 
bestraft.“ 
L. in R. Sie haben übersehen, dass das „Volk“ in einer Briefkastennotiz 
sein Versehen gut gemacht und ausdrücklich eiklärt hat, dass es den Artikel „Zur 
Sozialhygiene“ aus dem „Naturarzt“ entnommen hat. 
Verantw. Redakteur: Dr. med. Sehulze, pract. Arzt in Berlin. 
©ruck und Commissions-Verlag von Wilh elm Issleib (Gustav Schuhr), Berlin SW. 48. Wilhelmstrasse 119/120. 
1 Inseraten-Beilage.
	        
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