Volltext: Der Naturarzt 1894. (1894)

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Yon der ärztlichen Schweigepflicht. Ein Arzt hatte auf Verlangen 
der Ehefrau X. deren Körper zur Konstatierung der ihr angeblich von ihrem 
Ehemann zugefugten Mißhandlungen untersucht. Die X. hatte vor und nach 
der Untersuchung anderen Personen erzählt, daß sie von ihrem Ehemann 
mißhandelt worden. Später machte der Arzt dritten Personen auf deren 
Befragen Mitteilungen über die Ergebnisse seiner Untersuchung. Der Arzt 
wurde von der Strafkammer aus § 800 Str.-G.-B. verurteilt und seine Revi 
sion wurde vom Reichsgericht verworfen, indem es begründend ausführte: 
„Ist es auch richtig, daß man nicht etwas offenbaren kann, was schon 
allgemein bekannt ist, so handelt es sich hier doch um Dinge, die authen 
tisch noch nicht in die 0Öffentlichkeit gedrungen waren, insbesondere um 
die Ergebnisse der Untersuchung, also um Thatsachen, die nicht allgemein 
bekannt sein konnten und bekannt waren. Der Begriff des „Offenbarens“, 
der nach der Entstehungsgeschichte des Paragraphen an die Stelle des 
anfangs beabsichtigten Ausdrucks „Veröffentlichen“ getreten ist, wird durch 
jede Mitteilung an einen Anderen erfüllt. Ein Geheimnis ist dem Arzt an 
vertraut, wenn ihm bei der Ausübung seines Berufs Thatsachen 
bekannt werden, deren Geheimhaltung, wie er sich sagen muß, 
im Interesse der ihn konsultierenden Person liegt. Wollte der 
Angeklagte auf den Umstand, daß das eheliche Verhältnis der X.’schen Ehe 
leute allgemein bekannt gewesen, seinen Glauben gegründet haben, daß ihm 
geheim zu haltende Thatsachen nicht anvertraut gewesen seien, so würde 
er sich in einem Irrtum befunden haben, der ihm, da er das Verständnis 
des § 300 Str.-G.-B. betraf, gemäß § 59 Str.-G.-B. nicht zu gute kommen 
würde.“ (Urteil des 4. Strafsenats vom 26. Juni 1894.) 
Vom sozialdemokratischen Parteitag. „Unter stürmischem Verlauf 
ging die Abstimmung über den Hamburger Antrag auf Aufhebung des Impf 
zwanges vor sich; der Antrag wurde nach mehrfachen Zählungen mit 108 
gegen 94 Stimmen abgelehnt.“ Wir kommen darauf zurück. — 
Gefälschte Waren — prämiiert. In der letzten Internationalen Aus 
stellung für Volksernährung, Armee Verpflegung u. s. w. in Wien wurden 
Lebensmittel ausgestellt und prämiiert, die sich nachträglich als — Fälschung 
erwiesen. In der Generalversammlung des Allgemeinen österreichischen 
Apothekervereins erstattete nämlich der Leiter der Wiener Untersuchungs- 
anstalt für Nahrungs- und Genussmittel, Apotheker Dr. Mansfeld, einen 
Bericht über die von dieser Anstalt im abgelaufenen Jahre vorgenommenen 
Untersuchungen, in dem er unter anderem ausführte: Die der Anstalt teils 
von Behörden, teils von Apothekern zur Prüfung vorgelegten Kaffeesorten 
erwiesen sich zum großen Teile (6 unter 14) als Fälschungen. Darunter war 
der „Bischof-Kaffee“, ein Objekt in der genannten Ausstellung, welches 
sogar prämiiert wurde! Dieser prämiierte Ausstellungs-Kaffee enthielt „neben 
wenig Kaffee hauptsächlich Roggen und Gerste nebst viel Kornraden“. 
Gefälscht waren ferner: der „echte holländische Kaffee-Extrakt“ (bestehend 
aus Gerste, Feige und Cichorie), der „echte feinste Gesundheits-Feigenkaffee“ 
(aus Birnenmehl und — kleinen Steinchen!), der „Hundert-Gulden-Feigen 
kaffee“ bestand aus — gestoßenen Zwetschenkernen! Prämiiert waren ferner 
in der „Internationalen Ausstellung“ der Meth mit der Bezeichnung „Wie 
alter Madeira“; trotz dieser viel versprechenden Etikette und trotz der erfolgten 
Prämiierung erwies sich dieser Göttertrank als eine Fälschung aus Stärkezucker. 
Einen Blick hinter die Coulissen gewährt folgende Anzeige, die sich 
in dem „Schwarzen Brett“, dem Anzeigenteil des in Hamburg erscheinenden 
„Aerztlichen Zentral-Anzeigers“ vom 20. September 1894 findet. 20- bis 30- 
bis 40 000 Mark Reingew. p. a. verdient e. forscher Ausbeuter (Arzt od. 
geb. Laie) leicht an e. epochemach, patentfäh. Erfindung auf sexuell. Gebiete, 
die e. Arzt aus Geldnot für 10 000 M. verkauft. Geil. Offert, unter S. B. 
1435 beförd. die Exped. des A. 0.-A. 
Aus Apothekerkreisen. Der „Pharmaceutischen Zeitung“ 1894 Nr. 56 
entnehmen wir folgende sehr bezeichnende Stellen:
	        
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