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keit, das Wasser, dessen sich auch alle Tiere bedienen, zum Trank ge
geben hätte.
Läuft auch einmal das Weintrinken aufs Beste ab, so sehen die
Betreffenden am andern Morgen doch die Sonne nicht aufgehen und leben
weniger lange; sie haben bleiche Wangen, Augenleiden, zitternde Hände und
sogleich nach dem Genuss als Strafe höllische Träume, nächtliche Unruhe
und endlich als letzter Lohn der Völlerei eine ungeheure Leidenschaft und
Wohlgefallen an dem Laster. Am folgenden Tag riecht der Mund wie ein
Weinkrug und das Gedächtnis wird schwach. Auch der kommende Tag ist
für sie verloren. Hätte Odysseus aus dem Becher der Circe gierig und als
ein Narr wie seine Gefährten getrunken, so wäre es um seine Vernunft ge
schehen, und er hätte gelebt, wie ein unflätiger Hund oder wie ein in
den Kot verliebtes Schwein. —Nicht einmal ihren Durst können die Wein
trinker löschen, ja sie dürsten um so mehr, je mehr sie trinken. Dem
Wein verdanken wir es, dass wir allein von allen Tieren ohne Durst Ge
tränk zu uns nehmen. — Es giebt unzählige Leiden, welche der Wein
genuss verursacht, wie z. B. Gicht, Leberleiden, Geisteskrankheiten, Epi
lepsie, Herzschwäche, Wassersucht, Alpdrücken etc. Daher ist es auch nicht
zu Verwundern, dass der Wein direkt schädlich bei so vielen Krankheiten
wirkt. Es steht über allen Zweifel erhaben fest, dass er durchaus nachteilig
und durchaus zu vermeiden ist bei Eieber, ehe der Nachlass eingetreten,
bei Kopfschmerzen, bei Schüttelfrost, Zittern der Hände, beim Husten, bei
Halsschmerzen, Atembeschwerden, Asthma und Herzschwäche; am schäd
lichsten ist er aber bei starren Augen, nicht ganz geschlossenen Lidern,
Gehirnentzündung, Krämpfen, Harnbeschwerden und Augenleiden. Bei
Schwindsucht enthalte man sich lange des Weins, bei Hysterie und Podagra
wenigstens ein Jahr lang. — Es giebt viele, welche auf den Wein am er
pichtesten sind, wenn ihnen das Wassertrinken am nötigsten ist. Sie glauben,
dass sie nach ausgestandener Sonnenhitze und Kälte, nach starkem Keden,
nach scharfem Nachdenken, überhaupt nach Ermüdung und Anstrengung
Wein trinken müssten. Dieser aber vermehrt, vermöge seiner Hitze, die
Unruhe des Körpers, er greift die schlaffen Teile noch mehr an, die doch
eher einer Linderung und Beruhigung bedürfen. Diese verschafft aber das
Wasser am allerbesten.
Welche Nahrungsmittel am besten für uns sind, ist oben mitgeteilt. Aber
nicht gleichgültig ist es, wie zubereitet wir unsere Speisen gemessen, wie
viel und wann wir essen und trinken.
Alles Frische hat die meiste Kraft und den grössten Nährwert, da
es noch näher am Leben steht. Hingegen solche Dinge, welche verdorben
sind, sucht der Körper möglichst bald mit Hülfe von Durchfall wieder aus
zuscheiden. Am besten sind daher solche Speisen, die keiner Zubereitung
bedürfen und nicht leicht verderben, wie die Baumfrüchte. Mit Nutzen
kann man sich aber zur Bereitung von mannigfaltigen Speisen auch des
Feuers bedienen, doch darf man niemals die Speisen in warmem Zustand
gemessen, sondern muss sie zuvor vollständig erkalten lassen. Der Genuss
von warmen Gerichten, Suppen und Getränken ist schädlich und ver
dirbt den Magen und den Appetit stets auf längere Zeit. Kein Geschöpf
auf der Erde liebt warme Speisen, und hieraus schon ergiebt sich ihre
Unnatur.
Ebenso naturwidrig ist aber auch das Hinzuthun von Gewürzen an
die Gerichte und die Vermengung ganz verschiedener, namentlich ganz ver
schieden schmeckender Speisen untereinander. Auch die Tiere der Wildnis
gemessen eine ganz einförmige und einfache Nahrung und sind deshalb gesunder
wie die Menschen; diejenigen Tiere hingegen, welche in Ställen kunstvoll zuge
richtetes ^Futter bekommen, sind wie die Menschen oft krank und leiden an
den Folgen der schlechten Verdauung. Die Künsteleien der Köche und
Konditoren aber, diese „arglistigen“ Gerichte und Pasteten, wie sie ein be