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Muskelzusammenziehungen, Zuckungen zu thun. Die Epilepsie besteht
in sehr heftigen Muskelzuckungen, die den Betreffenden voll Zeit zu Zeit
in längeren Anfällen treffen. Beim Starrkrämpfe bleiben die Muskeln
längere Zeit fest zusammengezogen. Alle diese krampfhaften Muskel
zusammenziehungen kommen ohne unseren Willen zu stände. Sie werden
wahrscheinlich hervorgerufen, wenn ein Teil des Gehirns oder Rücken
marks durch besonders starken Andrang von Blut oder aus anderen uns
unbekannten Gründen einen Druck erleidet und dadurch gereizt, d. h.
veranlasst wird, die betreffenden Bewegungen hervorzurufen.
Zerreisst in demjenigen Teile des Gehirns, von wo aus der Anstoss
zu den Muskelbewegungen kommt, ein Blutgefäss (Schlaganfall), so kann
der betreffende Gehirnteil infolge des auf ihm lastenden Druckes keine Be
wegungen mehr bewirken. Es tritt Lähmung ein. In der Regel trifft
sie nur eine Körperseite. Warum, werden wir später sehen. Wird das
ausgetretene Blut nach und nach aufgesogen, so kehrt die Beweglichkeit
der Glieder zurück. In den gelähmten Teilen stockt der Blutlauf. Die
gelähmten Muskeln können nicht mehr ausreichend ernährt werden. Deshalb
und infolge der dauernden Ruhe tritt auch hier Muskelschwund ein.
Bei den glatten Muskelfasern geht der Anstoss zur Bewegung
zwar auch von Nerven aus, doch werden diese nicht in der Weise vom
Gehirn aus erregt wie die Nerven der willkürlichen Muskeln. Das Zu
sammenziehen der glatten Fasern erfolgt langsam, allmählich, und da, wo sie
sich in einer Schicht ausbreiten, wie im Darm, wellenförmig (peristaltisch).
Zur Sozialhygiene.
Auf der III. Konferenz der Centralstelle für Arbeiter-Wohlfahrts-Ein
richtungen bildete der Gegenstand für die Beratungen am 8. Mai: „Die
Reinhaltung der Luft in den Fabrikräumen“. Der Referent, Stabsarzt Dr.
Wutzdorff, vom kaiserlichen Reichs-Gesundheitsamt, verbreitet sich über die
hygienischen Anforderungen an die Luftbeschaffenheit. Ein ungefähres Bild
über die Bedeutung der der Luft etwa beigemischten Verunreinigungen er
hält man, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sich die von einem Er
wachsenen in 24 Stunden eingeatmete Luft auf etwa 11 OOO Liter beläuft.
Die schädlichen Stoffe, die sich der atmosphärischen. Luft beimischen, sind
entweder gasförmiger oder fester Natur. Von den Gasen sei hervorzuheben:
die Vermehrung der der Luft stets beigemischten Kohlensäure, deren Menge
im freien Felde rund 0,8 Raumteile auf 1000 beträgt. In Wohnräumen, in
welchen die Luft mehr als 1 Raumteil Kohlensäure auf 1000 enthält, werden
dadurch Kopfschmerz, Schwindelgefühl und Uebelkeit veranlasst, bei dauern
dem Aufenthalt werden Erkrankungen, Blutarmut etc. verursacht. Dies ist
allerdings nicht allein der Kohlensäure zuzuschreiben, sondern auch den
giftigen, übelriechenden Gasen, welche neben der Kohlensäure in von
Menschen überfüllten Räumen entstehen. Der stündliche Ventilationsbedarf
des Erwachsenen beläuft sich auf etwa 82 Kubikmeter. Da unter gewöhn
lichen Umständen in den Wohnräumen die Luft sich stündlich 2 bis 8 Mal
erneuert, würde sich nach dieser Berechnung der jedem Erwachsenen in
Wohnräumen zuzumessende Luftraum auf mindestens 10 bis 16 Kubikmeter
stellen. In derselben "Weise lässt sich der Ventilationsbedarf für Räume
berechnen, welche durch Petroleumlampen und Gasflammen beleuchtet wer
den, wenn man in Betracht zieht, dass eine Petroleumlampe stündlich 60,
eine Gasflamme 100 Liter Kohlensäure liefert. Der in den Fabrikräumen
dem einzelnen Arbeiter zu gewährende Luftraum wird u. a. von der
Leistungsfähigkeit der Ventilationseinrichtungen abhängen, deren Steigerung,
sofern Zugluft dadurch entsteht, mit Rücksicht auf das Wohlbefinden und