Volltext: Der Naturarzt 1894. (1894)

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Vorbehalt auf dasselbe hingewiesen werden kann. Sogar für den Impfzwang wird ein 
getreten. Recht interessant ist übrigens folgende Stelle (S. 85): „Nun hatte man 
neuerdings sogar eine Zwangsbehandlung der Kurzsichtigen in Schulen mittelst Atropin 
angeregt und bei der Zentralstellenverwaltung ärztlicherseits bereits den 'Antrag ge 
stellt, die Ferien hierzu zu benutzen. Die Regierung hat sich aber mit Recht ge 
weigert, eine allgemeine Antropinbehandlnng für kurzsichtige Schüler anzuordnen.“ 
Feuilleton. 
„Wissenschaftliche“ Kämpfe. 
Der erste hat das Haar gespalten 
Und einen Vortrag darüber gehalten; 
Der zweite fügt es neu zusammen 
Ujid muss die Ansicht des ersten verdammen; 
Im Buche des dritten kann man lesen, 
Es sei nicht das richtige Haar gewesen. 
L. Eulda. 
Das Naturheilverfahren im Altertum. 
Von Dr. med. K. Sehrwald, prakt. Arzt in Eisenach. 
Um das Jahr 100 v. Chr. Gr. liess sich ein junger griechischer Arzt, 
Namens Asclepiades, in Rom nieder. Derselbe bekam auffallender Weise 
schon in kurzer Zeit eine grosse Praxis, während andere griechische Doktoren, 
welche vor ihm nach der Weltstadt gezogen waren, fast nichts zu thun 
hatten, ja allgemein verrufen waren, namentlich deshalb, weil sie so gern 
schnitten. Allerdings war dem Asclepiades das Glück sehr hold. Denn 
als er zufällig bei einem. Leichenbegängnis vorüberging und man den Leich 
nam schon auf den Scheiterhaufen legen wollte, bemerkte er, dass in dem 
Körper noch Leben sei. Er trat daher näher und brachte binnen weniger 
Minuten durch seine Kunst den Toten wieder ins Leben zurück. Durch 
diese That errang sich Asclepiades allerdings in kürzester Zeit die Bewun 
derung des ganzen Volkes; aber noch viel mehr wurde er wegen seiner auf 
fällig guten Erfolge in der Behandlung der verschiedensten Krankheiten 
beliebt, welche er mit einer damals neuen Methode erzielte. Es war dies 
das Naturheilverfahren, welches man erst in unserem Jahrhundert, 
also nach rund 2000 Jahren, wieder neu entdeckt hat. In einigen Brochüren 
machte Asclepiades die von ihm erfundene Methode öffentlich aller Welt 
bekannt, zum grossen Aerger aller übrigen Aerzte, „welche es unter der 
Würde der Wissenschaft hielten, jemand zu belehren“. 
Ueber die beinah unglaublichen Erfolge des Asclepiades zu der damaligen 
Zeit berichtet der ältere Plinius mit kurzen Worten: „Er brachte fast das 
ganze Menschengeschlecht auf seine Seite, gleichsam als ob er als ein vom 
Himmel Abgesandter erschienen wäre.“ Diese Erfolge sind nicht wunderbar, 
meint dieser Gelehrte weiter, wenn man bedenkt, wie damals die meisten 
Aerzte ihre Kranken behandelten. Sie verschrieben Rezept auf Rezept, 
wovon jedes meist aus mehreren, zuweilen aus 20 und noch mehr und noch 
dazu ausländischen Stoffen bestand und natürlich zu entsprechend hohem 
Preis hergestellt wurde. Sie verboten den Eieberkranken Wasser zu trinken 
und gestatteten nur warmes Getränk; sie quälten durch heisse Bäder, 
Abführmittel etc. ihre Patienten auf eine ganz unerhörte Art und Weise. 
Asclepiades hingegen verwarf diese rohen Methoden und speciell auch die 
Arzneimittel, indem er das Publikum darüber aufklärte, dass die Arzneien 
samt und sonders nur' den Magen verdürben, im Leib nichts als 
Zerrüttung anrichteten und weit mehr überflüssige Säfte, als sie angeblich 
austrieben, erzeugten, aber niemals die Natur reinigen könnten. Er zeigte,
	        
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