Volltext: Der Naturarzt 1892 (1892)

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gelbe Färbung annahm. Gleichzeitig entstand ein unerträgliches Hautjucken, welches 
so heftig auftrat, dass Frau L. vielfach am Ausgehen hierdurch gehindert wurde. 
Frau L. hatte zur Beseitigung des Leidens verschiedene Bade- und Kurorte, wie 
Karlsbad, Nizza u. a. aufgesucht. Wiewohl sich die Verdauungsstörung etwas besserte, 
blieb dennoch das Hautjucken bestehen. Frau L. wandte sich endlich an mich. 
Meine Verordnungen bestanden in Kastendampfbädern, verbunden mit Ganzpackungen, 
3 mal wöchentlich, welche in der unter meiner Leitung stehenden Frankfurter Naturheil 
anstalt genommen wurden; ferner in Vollbädern 27° R. mit Zusatz von Kleie zur 
Linderung fdes Hautjuckens; endlich wurde auch Massage angewandt. Sämtliche Krank 
heitserscheinungen schwanden in verhältnismässig kurer Zeit, besonders das Hautjucken, 
das in vier Wochen völlig beseitigt wurde. 
Zum Verlauf und zur Behandlung der Masern. 
Von Dr. med. Heinrich Ehrlich Vereinsarzt in Neisse. 
Wieder hat die deutsche medicinische Wissenschaft einen jener Schein 
triumphe auf dem Gebiete der Bacteriologie gefeiert, durch welche sie in 
den letzten Jahren eine so traurige Berühmtheit errungen hat. Nach 
jahrelangem Mühen und Forschen ist es ihr endlich gelungen, den Masern 
bacillus zu entdecken (oder sollen wir lieber sagen, zu erfinden?!) und da 
mit die Möglichkeit, ein wirksames Gegengift wenigstens gegen eine der 
fieberhaften Ausschlagskrankheiten zusammenzubrauen, welche bisher noch 
ihres specifischen Heilmittels entbehrt hatten. Denn trotz des jämmerlichen 
und ekelhaften Fiascos, welches das Tuberkulin erlitten, werden doch bereits 
wieder Stimmen laut, welche die Einimpfung des, Masernbacillus als 
Schutzmittel gegen die Masern, die Einverleibung der Stoffwechselprodukte 
desselben als Heilmittel gegen diese Krankheit befürworten, Immer un 
klarer und verworrener wird der Weg der medicinischen Heilbestrebungen; 
alle die anscheinend so glänzenden Erfolge der bacteriologischen Forschun 
gen bezwecken nur, dass die Medicin den Weg der naturgemässen Behand 
lung gänzlich aus den Augen verliert und zum Schaden der leidenden 
Menschheit sich wieder in den kühnsten Spekulationen ergeht. Der Inhalt 
der Hexenküche, welche von den Goldmachern und Alchymisten des finstern 
Mittelalters hinter dicken Mauern unter geheimnisvollen Beschwörungen 
zusammengebraut wurde, scheint am Ende des aufgeklärten neunzehnten 
Jahrhunderts in den aus den Bacillenreinculturen unserer grossartigen 
nationalen Forschungsinstitute gewonnenen, totbringenden Giftgemischen 
seine staatlich anerkannte Auferstehung halten zu wollen. 
Da jetzt alle diese bakteriellen Erfindungen mit solcher Hoffnungs 
freudigkeit begrüsst werden, so müssen wir uns fragen, was wohl die bis 
herige medicinische Behandlungsweise für einen Einfluss auf die Gestaltung 
dieser Ausschlagskrankheiten ausgeübt haben mag. Hierbei tritt die betrü 
bende Thatsache zu Tage, dass nicht allein die Heilungsbestrebungen durch 
die bisherige medicinische Behandlung nicht gefördert, sondern dass sogar 
der Verlauf der Krankheit gehemmt und die Symptome der Krankheit durch 
die falsche Diät, Luft- und Wasserscheu vermehrt und verstärkt worden 
sind. Die ganze Symptomenreihe dieser Krankheiten ist eine gekünstelte 
und zeugt von der Verworrenheit der Anschauungen und der Unklarheit 
der medicinischen Begriffe. Denn während es feststeht, dass hierbei ein 
Gift den ganzen Körper durchseucht und die inneren Organe ebenso stark 
wenn nicht noch empfindlicher als die äussere Haut heimgesucht werden, 
wird von der Medicin das Hervortreten des Ausschlages als das haupt 
sächlich massgebende angesehen, und da nur diesem die Aufmerksamkeit 
sich zuwendet, so ist es erklärlich, warum die so gefürchteten Complicationen
	        
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