Volltext: Der Naturarzt 1891 (1891)

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Haus herum, sodaß der Schweiß ausbrach. Etliche nachfolgende Dampfbäder 
mit Wasserabkühlungen lassen den Mann in 3 Tagen immer wieder gesund 
sein. „Was kein Verstand der Verständigen sieht, das übet in Einfalt — 
eines Försters Gemüt." 
Naturheilkunde und Areuzotterbiß. *) 
Mitgeteilt von M. Hoffmann, Lehrer. 
In meinem Tageskalender findet sich folgende Notiz: 
„6. Juli 1890: Einweihung des Kirchhofes zu R. Knabe Scholz in S. 
liegt krank darnieder, ist gestern von einer Kreuzotter in den rechten Zeige 
finger gebissen worden. Ob er wieder gesund werden wird? Der rechte Arm 
ist stark angeschwollen, ebenso die rechte Hälfte der Brust und des Rückens." 
Es war Sonntag Nachmittag. Um der Kirchhofseinweihung beizu 
wohnen, machte ich mich auf den Weg nach R. Zwischen diesem Orte und 
meinem Wirkungsorte N. liegt das Dorf S. Von dem dort ansässigen Kollegen 
erfuhr ich Folgendes: 
Gestern gegen Mittag ist einer meiner Schüler von einer Kreuzotter ge 
bissen worden. Er wird wohl sterben müssen; der Arzt hat seinen Zustand als 
beinahe hoffnungslos bezeichnet. 
Sofort erinnerte ich mich daran, daß Seminarlehrer N. in St. gelegent 
lich einmal das Verfahren beschrieben, welches der Graf von der Rccke-Vol- 
merstein zur Heilung Tollwuikranker vorgeschlagen hat und 1890 im „Natur 
arzt" angeführt wurde. Ob es nicht auch im vorliegenden Falle, bei Blut 
vergiftung durch Otterngift seine Wirkung thun sollte? dachte ich. Als ich 
versuchte, es mir genau zu vergegenwärtigen, war mir nur das eine ganz klar, 
der Kranke kommt' gewaltig in Schweiß. Wohl sah ich im Geiste flammendes 
Feuer unter dem Stuhle, auf den der Kranke gesetzt werden mußte; aber 
merkwürdigerweise fiel mir nicht ein, daß dasselbe durch Anzünden von Spiritus 
erzeugt werden sollte, und andere mir vorschwebende Arten der Feueranwen 
dung erschienen mir ungeeignet. Bei weiterem Nachsinnen trat die Vorstellung 
von kochendem Wasser in einem Gefäß unter dem Stuhle immer stärker in 
mein Bewußtsein und verdrängte allmählich den Gedanken der Feueranwen 
dung, sodaß dann das Verfahren klar vor meiner Seele stand, mit welchem ich 
hernach den Heilversuch begann. Mein Entschluß, die Rettung des Kranken 
zu wagen, stand also fest. 
Auf dem Wege nach R. machte mich mein Kollege mit dem Vater des 
Knaben bekannt. Von ihm, der wie die meisten Personen seines Ortes der 
Einweihungsfeierlichkcit beiwohnen wollte (der Kirchhof gehört beiden Gemein 
den, R. und S.), erhielt ich noch genauere Auskunft. Das Unglück war beim 
Beerensuchen geschehen. 
„Ich habe gleich an der Wunde gesaugt und den Finger über der ver 
wundeten Stelle fest verbunden," sagte der Vater. „Ich bin auch bald nach 
Dittersbach zum Arzte gelaufen; der konnte leider nicht kommen, er hatte keine 
Zeit. Doch gab er mir Karbolwasser mit; damit sollte ich ein Stück Lein 
wand tränken und den Finger verbinden. Als ich jedoch die erste von mir 
vorher angelegte Binde löste, schwoll der Arm mit einem Male an bis zur 
*) Wir machen unsere Leser aufmerksam, daß alle Arten von Blutvergiftungen in 
ähnlicher Weise: schweißtreibend und abteilend, behandelt werden. Angezeigt sind also von 
Kursormen besonders: Dampfbäder, Einpackungen, Bäder, Umschläge rc. Bei^dieser Methode 
sind die Erfolge ganz andere als bet Gegengiften! D. Red.
	        
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