Volltext: Der Naturarzt 1891 (1891)

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gedehnt wird. Hierauf werden die verordneten Kuren, entweder in pneum. liegendem oder 
sitzenden Dampf bade, Dreiviertel-, Ganz- oder Vollpackungen mit darauf folgendem Bade be 
stehend, oder Sonnenbad — Massage — schottischen Packungen u. s.w. vorgenommen. Nach 
dem dieselben vorüber sind, begeben sich die Kurgäste auf die zweite Barfusspromenade, 
auf die hier im besten Zustande befindlichen Strassen, entweder nach Wildenau oder 
Ella oder nach dem sogenannten „Freitagsgute u , um sich durch ein Glas guter Butter 
milch zu laben; nach Rückkehr auf einem anderen Wege tummelt man sich noch einige 
Zeit auf den Spielplätzen des hohen Ottenstein es, umgeben mit seinen reizenden, schat 
tigen Naturanlagen. Mittags 7 a l Uhr beginnt das gemeinschaftliche Mittagsmahl, 
welches ebensowohl für Vegetarianer als für gemischte Kostesser schmackhaft ausge- 
gestattet ist und täglich ausser zweierlei Gemüse — grünes und trocknes — aus Obst, 
Schrotbrot und einer Nachspeise besteht. Als Fleisch wird nur verabreicht: Rind-, 
Kalb-, Huhn und seltener Hammelbraten, ab und zu auch Forellen. Nach Aufheben 
der Tafel macht man eine kleine Runde (die Herren spielen bei ungünstigem Wetter 
eine Partie Billard) und begiebt sich dann auf sein Zimmer, um J / 2 Stunde Mittagsruhe 
zu halten, ln der dritten Stunde beginnen die Nachmittagskuren, bestehend in kleineren 
Packungen — Sitz- und Rumpfbädern, und die Gäste, welche solche nicht nöthig haben, 
begeben sich auf eine grössere oder kleinere Tour in das herrliche sächsische Erzgebirge, 
kommen entweder zu Bahn oder zu Fuss nach Hause, wo selbstredend tüchtig barfuss 
gegangen wird, zumal man hier vom Publikum nie in irgend einer Weise belästigt wird; 
man sagt höchstens: „Das sind die OttensteinerI‘‘ und lässt sie ruhig gehen. Dienstag 
und Freitag sammelt sich die Schaar Nachm. 1 / 2 6 Uhr im Park (bei ungünstigem Wetter 
im Kursaal), um dort gemeinschaftlich unter Leitung ihres Direktors zu turnen, bei 
welchem Stab- und Freiübungen vorgenommen werden. Jeden Donnerstag findet un 
mittelbar nach dem l / 2 l Uhr täglich beginnenden Abendbrot ein Vortrag über irgend 
eine Krankheit (Ursache, Wirkung und naturgemässe Behandlung) statt, welcher in der 
Regel s/4 Stunde in Anspruch nimmt. Von 8 Uhr an begiebt man sich noch einige Zeit 
ins Freie, auf den nahen Taden oder Ottenstein, um dort noch einige gemeinschaftliche 
Spiele zu machen, oder man schiebt noch eine halbe Stunde Kegel. Ausserdem ist 
wöchentlich zur Belustigung der Kurgäste entweder ein gemeinschaftlicher Ausflug unter 
Leitung des Direktors oder ein Sternschiessen mit Preisverteilung und unter Umständen 
ein kleines Tänzchen. Bei ungünstigem Wetter bieten die Gesellschaftszimmer genügend 
Gelegenheit zum Zeitvertreib; hier findet man Schachspiel, Rollet um die Marken, Dame 
spiel, Skatkarte, allerhand andere Gesellschaftsspiele, Pianino, Guitarre, Zeitungen vieler 
Art, Billard und Wurfspiele. Ausserdem finden unter den Gästen Musikabende statt, 
bei welchen gesungen und auch deklamiert wird, Wöchentlich ist zweimal Konzert von 
der Stadtkapelle, welche Vorzügliches leistet. Abend 9 Uhr ist Schluss und beginnen 
die Nachtpackungen. So bei guter Luft, fröhlicher Laune und Spiel, gepaart mit zweck 
mässiger Behandlung und Ruhe ist Veranlassung gegeben, dass die „Ottenstein" be 
suchenden Gäste ungern scheiden, doch aber gesund oder mindestens gebessert die An 
stalt verlassen. 
Heilberichte. 
Magen- und Darmleiden. Am 10. September v. J. erkrankte ich und wurde 
vom Vorstände der Fabrikkrankenkasse zu einem bestimmten Arzte (Mediziner) geschickt, 
welcher meine Krankheit als Magenkatarrh erklärte. Da dieser mich aber bis Ende 
Oktober ohne jeglichen Erfolg behandelte, beantragte ich, mich einem andern Arzte zu 
überweisen, was mir von der Krankenkasse auch gewährt wurde. Dieser entgegnete auf 
meine Bemerkung, dass die Behandlung des vorigen Arztes nicht die rechte gewesen sei, 
dieselbe sei wohl sehr richtig gewesen, er wollte mir aber etwas anderes verschreiben, 
Als nach Verlauf von weiteren vierzehn Tagen auch keine Besserung sich bemerkbar 
machte, meinte er, ich hätte jedenfalls zu Hause nicht die richtige Pflege, darum wäre 
es das Beste, wenn ich nach dem Krankenhause ginge, was ich am 12. November auch 
that. Nach der sofort nach meinem Eintreffen vorgenommenen Untersuchung wurde fest 
gestellt, dass meine Krankheit Darmentzündung sei. Da aber auch hier nach längerem 
Aufenthalt meine Schmerzen nicht nach liessen, sich zu dieser Darmentzündung nur noch 
Krampfanfälle und Reissen gesellten, richtete ich an den Vorstand der Krankenkasse 
unter Beschreibung meiner Leiden die dringende Bitte, mir die Erlaubnis zum Verlassen 
des Krankenhauses zu erteilen und mich in die Behandlung eines Naturheilkundigen zu 
geben, was mir auch nicht versagt wurde. Am 12. Dezember verliess ich das Kranken 
haus, und am 13. d. M. wurde ich zu dem Masseur und Naturheilkundigen Jul. Hoppe
	        
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