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erfolgreichste. Seine Ausdauer sollte belohnt werden. Infolge der aus
geführten Reibungen und Drückungen, die er noch mit entsprechenden Sitz
bädern verband, war nicht nur die Kindeslage zur Geburt eine richtige
geworden, sondern auch die Gebärmutter- und Bauchmuskulatur hatte sich
trefflich gekräftigt. Die Frau brauchte diesmal keinen Doktor, weil ihr Mann
selbst ein so trefflicher Arzt gewesen. Sie hat auch in Zukunft keinen mehr
gebraucht. Damals kam schnell und leicht ern Töchterchen zur Welt, das heute
ein blühendes Mädel geworden ist.
Ja, ein solcher Mann ist ein Vorbild für viele! Er hat seiner Frau
mehr und besseres gethan wie der Arzt, der, nachdem er sie entbunden, An
weisungen hätte geben müssen, wie man in Zukunst ähnlichem vorbeugen
könne. Er hat sie aber nicht gegeben, vielleicht wußte er es nicht, oder wollte
es nicht, vielleicht auch hielt er es nicht für nötig. Wie hätte auch ein ein
facher Mensch, der blos ein armer Strumpfwirker war, das begreifen können!
Doch ist das gerade die schönste, die ideale Aufgabe des Arztes,
aufzuklären, sich selbst nach Möglichkeit entbehrlich zu machen. Wir sollen
vor allem Lehrer und Wächter der Gesundheit sein, das Kurieren kommt erst
in zweiter und dritter Linie. Und wer so denkt, wird auch ein guter Arzt
werden! Das heranwachsende Geschlecht muß so erzogen werden, daß ein jedes
die Befolgung der Gesundheitslehrcn als eine Pflicht ansieht, die es zum Wohle
der Gesamtheit erfüllt.
Immer und immer wieder vergeffe ich mich, komme auf allgemeine Dinge
zu sprechen. Ich muß Dich, lieber Le^er, deshalb um Nachsicht bitten, es
liegt mir so vieles am Herzen, was Nutzen bringen soll, und so eilt die Feder
den springenden Gedanken nach!
Mit dem heute Geschilderten habe ich nur einen von den vielen Punkten
etwas heller beleuchtet. Ueber so manches, was hier noch in Frage käme, läßt
sich in öffentlichen Blättern nicht sprechen, cs gehört in die Sprechstunde des
Arztes oder in Fachschriften, die nur dem einen besonderen Zweck dienen.
Aber andeuten möchte ich kurz noch Verschiedenes. Eine der lästigsten Be
schwerden während der Schwangerschaft ist das meist in der ersten Hälfte der
selben auftretende Erbrechen, das besonders früh bei nüchternem Magen sich ein
stellt. Daß dagegen keine Arznei hilft, brauche ich,nicht eist zusagen. Im
Gegenteil, ist es Pflicht der Frauen gerade jetzt, wo sie die Verantwortung
für ein zweites Leben mit tragen, alles zu vermeiden, was dies letztere irgend
wie schädigen könnte. In leichteren Fällen wird Abhilfe erreicht durch zeit
weise ruhiges Liegen, durch häufige, kleine Mahlzeiten, statt der drei großen, durch
den 22—24° Leibumschlag und durch laue Sitzbäder. Ist das Brechen stärker, tr tt
es nach jeder Nahrungsaufnahme ein, so versuche man DampfkomprcssenaufMagen-
gegend und Unterleib. Selbstverständlich muß jederzeit für geregelten Stuhl
gang gesorgt werden, denn jene Massen, welche den Mastdarm anfüllen, üben
einen ziemlich heftigen Reiz auf die direkt davorliegende, geschwellte und jetzt
besonders reizbare Gebärmutter ails.
Es liegt die Vermutung nahe, daß durch das mit dem Brechen verbundene
Würgen eine frühzeitige Unterbrechung der Schwangerschaft erfolgen könnte.
Hier kann ich vollständig beruhigen. Die Erfahrung hat das Gegenteil gelehrt,
und nur ganz ausnahmsweise sind solche Fälle in der Litteratur verzeichnet.
Die Gefahr des Erbrechens liegt ganz wo anders. Wird nämlich dasselbe so
heftig, daß jede Nahrungsaufnahme unmöglich wird, daß dabei die be
treffende Frau in ihren Kräften ganz hcrabkommt, dann haben wir einen Fall,
der wegen der direkten Lebensgefahr die künstliche Unterbrechung der Schwanger
schaft nötig macht. Hier hilft die Natur wiederum sich selbst des öfteren da