Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

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damit füllen zu helfen. Mit welcher Collegialität (ich setze seine Eigenschaft als „geprüfter 
Medicinarzt" voraus) aber der Herr Recensent gegen seine Zunstgenossen verfährt, beweist seine 
Betitelung des von mir seiner Dienststellung nach genau bezeichneten Oberstabsarztes, welcher 
den Tod des Obersten v. B. als Folge des zur Behandlung einer Gewehrschußwunde durch 
das Dickfleisch beider Oberschenkel angelegten Gypsverbandes eonstatierte, als eines „antedi- 
luvianischen". 
Was mein „Recht und meine Pflicht,'/ gewesen wäre, wenn ich „Grund gehabt 
hätte, mit einem der mir unterstellt gewesenen Ärzte unzufrieden zu sein", darüber bedarf 
ich keiner Belehrung. Die „Militärärzte", denen ich seiner Zeit vorgesetzt gewesen bin, haben 
sich über mich als Vorgesetzten niemals zu beklagen gehabt. Obwohl ich ihnen gegenüber 
meine Ansichten über die Irrtümer der „Medicin" durchaus nicht verhehlt, haben viele 
derselben, einzelne sogar — dem Herrn Recensenten gewiß ein Schrecken — in Erkrankungs 
fällen am eignen Körper von mir Rat angenommen, ja sogar mit vollem Erfolg! 
Hätte aber der Herr Recensent je die Ehre gehabt, unter meinen Befehlen zu stehen, 
so würde es mir sicherlich gelungen sein, ihm mehr Respect vor der obersten Pflicht 
eines Recensenten einzuflößen, nämlich der, vor Allem bei der sachlichen Wahr 
heit zu bleiben. 
Nur wirkliche Wissenschaft kann in dem Maße auf Achtung Anspruch machen, 
als sie objektiv und es ihr nur um die Wahrheit zu thun ist. Die Lehren einer sich 
selbst als „Wissenschaft" ausgebenden „Kunst" aber, welche es trotz aller Reklame bis jetzt 
nur dahin gebracht hat, daß z. V. die Sterblichkeilsziffer in Deutschland zur Zeit die jeder 
andern gebildeten europäischen Nation übersteigt, die haben auf alles eher Anwartschaft, als 
auf unsere Hochachtung. 
Die „Recension" schließt mit den Worten: „Dem Soldaten seinen Degen, „dem 
Schuster seinen Leisten, die Hygiene für das ganze Volk, die Heilkunde für 
die Ärzte!" 
Diesem Sprüchlein, ctipi grano salis (im rechten Sinne verstanden), können wir wohl 
beistimmen. Allerdings haben wir dabei eine wirkliche Hygieine im Auge, welche die 
frische Luft nicht mit Karbolsäure verpestet, die Krankheitsursachen nicht in Ba 
cillen sucht, die Gesundheit nicht mit Gift herstellen will und den Schutz vor Krank 
heiten nicht m Blutvergiftungen (Impfung) sondern in gesunden Lebensgewohn 
heiten erblickt! Und was die Heilkunde betrifft, so mag jeder Arzt sie sich nach seiner 
Überzeugung wählen, sie und sich selbst aber den Patienten nicht aufdrängen! 
Die Patienten sind es in erster Reihe, welche zu bestimmen haben, von wem und 
wie sie behandelt sein wollen. Diejenigen, welche an die wohltätigen Wirkungen 
von Giften glauben, und die sich operieren lassen wollen, wohl, die mögen dazu die be 
rufenen Vertreter der Medicin bezw. der Chirurgie in Anspruch nehmen! 
Diejenigen aber, die davon nichts wissen wollen, denen.,wollen wir die Freiheit 
gewahrt haben, sich selbst zu behandeln, oder von solchen Ärzten behandeln zu lassen, 
denen sie vertrauen. Denn, wie ein Coryphäe der Medicin, Professor Hyrtl, sagt: „Heilen 
kann jeder, der weiß, was hilft!?" Das sind trotzdem freilich nur die Auserwählten, 
denen viele Berufene gegenüberstehen, die nicht zu heilen verstehen, was bekanntlich 
durch noch so viele Examina und Titel nicht garantiert wird. „Uoneüeia non obtruäuntnr" 
(Wohlthaten sind es nicht, die man aufzudrängen versucht) sagte kein Geringerer, als Fürst 
Bismarck! Also gegen ungebetene Helfer und Hülfe erklären wir uns, gegen Zwangs 
hülfe vor allen Dingen! Gehet hin zu denen, die Euch rufen! — Die Schlußbe 
merkung des Herrn Recensenten: „Wenn der Herr Verfasser sein Buch der „D. M.--Z." ein 
senden ließ, so konnte er unmöglich ein Apotheose erwarten", würde ich bei dem Geiste, 
welcher die „D. M.-Z." beseelt, für vollständig gerechtfertigt halten, wenn die Voraussetzung 
zuträfe. Das Buch ist aber ohne mein Wissen und Willen ihr vom Herrn Verleger zu 
gesendet worden, der von ihrem „Geiste" wohl noch keinen „Hauch" verspürte. Um so lieber 
nehme ich des Herrn Recensenten Versprechen entgegen, daß er in Zukunft keine Zeit mehr 
finden werde, meiner Arbeiten Erwähnung zu thun. Hat doch die Methode, Wahrheiten, die 
man nicht widerlegen kann, durch Entstellung niederzuhetzen, bei uns überhaupt nicht auf 
Erfolg zu rechnen. — 
Giessen, im März 1889. 
Vereinsnachrichten. 
(Einsendung musz bis spätestens 12. jeden Monats erfolgen.) 
Chemnitz. Der hiesige II. Naturheilverein verlor bei Beginn des neuen Geschäfts- 
Jahres in Folge doppelter Erböhung der Mitgliedbeiträge eine Anzahl Mitglieder, die letzten 
Monate aber ließen uns wieder auf 800 anwachsen. Die Ausbreitung unserer guten Sache
	        
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