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Nachdem Herr Hübner durch seine Verufsgeschäfte verhindert war, im Bundes
vorstände zu verbleiben, und zu unserm Bedauern sein Amt niedergelegt hat, haben wir auf
Grund des § 6 der Bundessatzungen Herrn Kaufmann Richter in den Bundesvorstand
berufen, welcher die Wahl angenommen hat.
Der Deutsche Bund umfaßt nunmehr
170 Ortsvereine mit 21000 Mitgliedern
222 Einzelmitglieder.
Es sind dies gewiß erfreuliche Ziffern! Wir hoffen, daß dieselben auch weiterhin stetig
zunehmen werden.
Wir erbitten uns alle für den Vorstand bestimmten Briefe an unsern Vorsitzenden
Schmeidel. Berlin 8. Ritterstr. 101,
alle Geldsendungen portofrei und unter Beifügung des Bestellgeldes an unsere
Kassenstelle „Berliner Naturheilanstalt", Berln 8. Sebastianstr. 27/28.
Ferner ersuchen wir, alle für den Redakteur bestimmten Sendungen Herrn Jo
hannes Reinelt in Neisse,
alle Bestellungen auf Geschäftsanzeigen der Firma Wilhelm Jßleib
(Gustav Schuhr) Berlin SW., Wilhelmstr. 124 zugehen zu lassen.
Die Benutzung oben angegebener Adressen ist für eine rasche Erledigung der Geschäfte
dringend erforderlich. Der Bundesvorstand.
Schmeidel, Vorsitzender.
Berichtigung.
Geehrte Redaktion!
In Nr. 1 Ihrer Zeitschrift „Der Naturarzt" vom Januar 1889 lesen wir auf Seite l3
einen mit Ottomar Steiner unterzeichneten Artikel, welcher eine große Anzahl von Unwahr
heiten enthält. Es ist nämlich nicht wahr, daß die städtischen Behörden zu Frankenberg durch
ihren Beschluß, einen Masseur und nach Befinden auch eine Masseuse ausbilden zu lassen,
sich auf die Seite der arzneilosen Heilweise haben stellen wollen. Ferner ist nicht wahr,
daß die städtischen Behörden einen Heilgehilfen oder eine Heilgehilfin ausbilden lassen werden,
es handelt sich hierbei einzig und allein um Massage im Rahmen oes ärztlichen Fürgutsindens.
Die 300 Mark sind auch nicht dem hiesigen Naturheilverein verwilligt, sondern werden von
dem hiesigen Rate selbst in zweckentsprechender Weise für die: Ausbildung der gedachten
Personen verwendet werden. Wenn Herr Ottomar Steiner uns Frankenbergern in Aussicht
stellt, daß er und seine Freunde bei uns den Medizinglauben erschüttern könnten und daß
die Stadt Frankenberg 4 approbierte Namrärzte und eine ganze Anzahl arzneilose Kranken
kassen besitzen werde, so ist das ein gewagtes Phantasiegebttde. Ueberdies wohnt Herr
Steiner gar nicht hier, sondern in dem benachbarten Dorfe Gunnersdorf und hat auf die
Entwickelung der hiesigen Verhältnisse und insbesondere der Krankenkassen ebenso wenig
Einfluß, wie der Natur heilverein selbst. Wir sind ihm aber dankbar, daß er uns zeigt, in
welcher unangebrachten Weise unser Entgegenkommen für seinen einseitigen Standpunkt aus
zubeuten versucht wird und zwar in einer Zeit, wo die städtischen Kollegien noch freie Hand
haben, über die gedachten 300 Mark in einer Weise zu verfügen, welche auch für Herrn
Steiner jeden Zweifel über die Stellungnahme der städtischen Behörden in der Sache aus
schließt und den Beweis liefert, daß, unsere Stadtverwaltung vom vollsten Vertrauen zu den
Frankenberger sehr verdienstvollen Ärzten beseelt ist.
Wir ersuchen Sie hiermit ergebenst, diese Berichtigung auf Grund des Preßgesetzes in
die nächste Nummer Ihres Blattes aufnehmen zu wollen und verharren
hochachtungsvoll
Frankenberg, am 19. Januar 1889. Der Sladlrat, i. V.
Stephan, St. Rat.
pt Nachbemerkung der Redaktion: Wir haben dieses Schriftstück deshalb unver
kürzt zum Abdruck gebracht, weil es ja für alle unsere Leser äußerst lehrreich ist und vielleicht
einmal von einem Frankenberger Chronisten als „Quelle" für die dortige Stadtgeschichte
benutzt werden kann. Dw persönlichen Verdienste eines jeden Arztes erkennt jeder rechtliche
Mann gern an; das hindert aber nicht, daß man sich den „Medizin-Glauben" „erschüttern"
lassen kann. Und wunderbar ist es, daß gerade diejenigen zu „medizinischen Nihilisten"
werden, welche im felsenfesten Glauben Jahre lang bic Medizinflasche als Fetisch anbeteten!.
die gläubigsten Anhänger hat die Medizin nur in den Reihen der Gesunden, die sich durch
das medizinische Wissen ve.bluffen lassen, aber das Können nicht erprobt haben, und der
jenigen Kranken, welche ihr Denken selbst beim Zugrundegehen noch unter die medizinische
Autorität stellen und schmerzdurchbohrt seufzen: „Herr dein Wille!"