Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

187 
Bei meinem folgenden Besuch in Sp. am 3. Juli constatirte ich eine 
erhebliche Milderung der Venenentzündung, gleichzeitig aber auch eine Besse 
rung des Appetits. — Damit ich nun in der Lage war, die Kranke häufiger 
zu besuchen und da auch die Verpflegung zu Hause zu wünschen übrig ließ, 
so wurde die einstweilige Übersiedelung der Frau D. nach Cottbus zu ihren 
daselbst wohnenden Eltern beschlossen und erfolgte dieselbe am 5. Juli. 
Die weitere Kur bestand: 
1) In vegetabilischer Trockendiät, um auf diese Weise ein erneutes Auf 
treten des Wassers in den Geweben zu verhüten. 
2) In Kreuzpackungen mit Dampf, um auf die Nierenthätigkeit einzu 
wirken. 
Genannte Maßregeln bewährten sich in glänzender Weise und gingen 
sämtliche Krankheitserscheinungen zurück. Auch der Urin zeigte eine fortschrei 
tend besiere Beschaffenheit und war am 20. c., also nach 14 tägigem Aufenthalt 
in Cottbus, frei von Eiweiß. Die Pulszahl, die vorher über 100 betragen 
hatte, war auf 84 gesunken und schreibe ick dies Resultat der vegetarischen 
Diät zu. 
Ich ließ nun noch Ganzpackungen bis zur guten Erwärmung vornehmen, 
um auf die fehlerhafte Blutbeschaffenheit einzuwirken. 
Am 28. Juli kehrte Frau D. nach Sp. zurück, allerdings mit der Wei 
sung, die Kurvorschriften, zumal hinsichtlich der Diät, fortzusetzen. 
Auch der Ernährungszustand des Kindes, welches bei der Geburt 3^ 
Pfund wog, hatte sich gebeffert. 
Unterziehen wir nun noch zum Schluß die Behandlung der Nierentzün- 
dungen der herrschenden Schule auf der einen, der Naturheilmethode auf der 
anderen Seite einer vergleichenden Kritik. 
In der Prognose (Vorhersage) sowie in der Behandlung herrscht eine 
große Verschiedenheit. — Der Tübinger Professor Felix von Niemeyer sagt 
in seinem Buch der „speciellen Pathologie und Therapie (Krankheitslehre und 
Behandlung)" über die chronische Bright'sche Nierenentzündung:*-" 
„Wir besitzen leider kein Mittel, welches anerkannt diesen hartnäckigen und 
zu Recidiven (Rückfällen) so geneigten Krankheitsprozeß direct auszulöschen 
vermöchte, die Aufgabe der Behandlung ist daher eine symptomatische**). 
Der Satz, daß je mehr Heilmittel gegen eine Krankheit empfohlen werden, 
dieselbe um so weniger heilbar ist gilt auch von der Bright'schen Krankheit. 
Essigsaures Kali, Fingerhut (Digitalis), Wachholder, Meerzwiebelwurzel u. a. 
werden zur Anregung der Nierenthätigkeit empfohlen; ferner auch schweißtrei 
bende Mittel, wie Pilocarpin, eine Substanz, bei der selbst bei richtiger Dosi- 
rung (Gabenteilung) Nebenwirkungen (Übelkeit, Erbrechen rc.) nicht immer zu 
vermeiden sind. 
Ein Mittel, welches sonst noch in den Lehrbüchern empfohlen und auch 
häufig genug in der Praxis Verwendung findet, ist das Tannin oder die Gerb 
säure. 
Die Gerbsäure wird in der Gerberei zur Verfertigung des Leders ver 
wandt ; genannte Substanz geht mit der zuvor für den eigentlichen Gerbprozeß 
vorbereiteten Haut eine Verbindung ein, wodurch diese selbst eine feste, lederartige 
Consistenz erhält. 
*) So benannt nach dem cnglichen Arzt Bright (spr. Breit), der diese Krankheit zu 
erst beschrieb. 
**) Symptom ist Krankheitszeichen; svmptomatische Behandlung ist eine aus die Unter 
drückung der Krankheitszeichen gerichtete.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.