Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

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tember ein Telegramm von Klagenfurt, daß der Zustand meiner Frau sich 
bedeutend verschlimmert, dieselbe starkes Fieber und der zu Rate gezogene Arzt 
das Vorhandensein einer kolossalen Ausschwitzung (Exsudat) festgestellt habe. 
Bestürzt reiste ich noch am selben Abend nach Klagenfurt ab und fand that 
sächlich meine Frau viel schlechter aussehend und herabgekommener, als ich sie 
verlassen. Die persönlichen Mittheilungen des Klagenfurter Arztes Herrn vr. 
H. ließen keine Hoffnung auf Genesung zu. „Ich habe Ihnen einen Brief ge 
schrieben, denselben aber nicht abgesendet, da er mir zu hart erschien; ich will 
Ihnen die trostlose Nachricht lieber mündlich mitteilen: Sehen Sie zu, daß 
Sie mit Ihrer Frau nach Wien kommen, sonst dürfte es zu spät werden." — 
Ich war auf's Aeußerste erschrocken und in gedrücktester Stimmung. 
In solcher Not wendeten wir uns telegraphisch an den Natur 
arzt Herrn Rikli, welcher noch in Veldes weilte. Herr Rikli traf 
noch an selbem Tage in Akazienhain ein und erklärte den Fall als einen aller 
dings sehr schwierigen. Als gegen Abend zwischen ihm und Herrn Dr. H. aus 
Klagenfurt eine Besprechung gehalten wurde, erklärte letzterer rundweg, er 
habe keine Mittel für solches Fieber, und wenn Herr Rikli mit seinen Bädern 
helfen könne, so ziehe er seinen Hut tief vor ihm. Herr Rikli antwortete: 
„Nun! so lange Leib und Seele beisammen sind, darf man nicht verzagen und 
die Flinte ins Korn werfen. Jetzt heißt es beharrlich Hand anlegen. Gehen 
die nächsten 14 Tage glücklich vorüber, so ist Hoffnung vorhanden, die teure 
Kranke ihrer Familie zu erhalten." 
Die Kur wurde nun energisch in Angriff genommen unter persönlicher 
Leitung des Herrn Rikli, welcher 4 Tage in Akazienhain anwesend blieb. 
Da nach dieser Zeit das Wetter umschlug und Kälte eintrat, so reiste ich in 
großer Sorge mit meiner kranken Frau, einer barmherzigen Schwester und 
einem Dienstmädchen am 4. Oktober nach Wien. Vorher erhielt ich von Herrn 
Rikli, zum Zwecke der Fortsetzung der Kur in Wien folgende 
Verordnung: 
1. So lange das Fieber täglich ein oder mehrmals 38 Vz bis 39° erreicht, 
müssen 4 Abkühlungsanwendungen vorgenommen werden und zwar: Morgens, 
längstens '/z Stunde nach dem Erwachen, Mantelabreibung von 17°, 
3 bis 4 Minuten, und Nachtupfen mit Waffer von 14 bis 12°; mittags 
dieselbe Abreibung. Ist mittags oder morgens ein Schweißbad vor 
ausgegangen, so muß die Abreibung um 1 bis 2 Minuten verlängert werden. 
Circa 6 Stunden nach der Mittagsanwendung und nochmals nach weiteren 
6 Stunden in der Nacht werden Halbbäder gegeben, gegenwärtig mit 20 0 
und Nachguß von kaltem Waffer nach Gefühl des Patienten, 5 bis 7 Minuten 
dauernd, für Kopf und Brust Separatwaffer von 27 ° R. Nach jeder Ab 
reibung (Halbbad) eine feucht umwickelte Wärmflasche an die Füße, bis die 
selben gut erwärmt sind (ja nicht länger). Nach voller Erwärmung folgt 
auf die nachmittägige Abreibung ein Brustumschlag. Nach dem nächsten Halb 
bad so viel als möglich Rumpf-Einpackung statt Brustumschlag. Ist vor 
mittags Hustenreiz oder Schmerzhaftigkeit an Brust oder Rücken vorhanden, 
so soll auch dann ein Brustumschlag gegeben werden; andernfalls bleibt der 
Vormittag frei. 
2. Bei ordentlichem Schlafen werden alle Anwendungsformen hinausgeschoben, 
gemildert oder selbst ausgelassen. Würde z. B. die Kranke in der Nacht anhaltend 
schlafen und "das nächtliche Halbbad auf morgens 4 bis 6 Uhr fallen, so ließe 
man dieses Halbbad aus und gäbe gleich die für morgens bestimmte Mantel 
abreibung dafür. Würde sie dann hierauf etwa gegen Morgen in Schweiß 
geraten, so müßte man, wenn noch nicht 6 Stunden seit der Mantelabreibung
	        
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