Volltext: Der Naturarzt 1889 (1889)

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den Bedürfenden in möglichst frischem Zustande zuzustellen in der Lage sind, sondern auch 
den Städtern die Möglichkeit bieten, die für die Zwecke der Anstalt getroffenen Einrichtungen 
selbst prüfend in Augenschein zu nehmen. 
Das erste unter dem angegebenen. Namen ins Leben gerufene Unternehmen dieser 
Art war die Milchkur-Anstalt des Herrn Ökonomierat Grub in Stuttgart. Die glänzenden 
Erfolge und die allgemeine Anerkennung, welche dieses im Jahre 1875 eröffnete Unternehmen 
von Anbeginn errang und dauernd sich zu bewahren wußte, gab rasch zur Nachfolge in 
anderen Städten Anlaß, so in Frankfurt a. M., Dresden, Nürnberg, Karlsruhe i. B., 
München, Straßburg i. E., Leipzig, Wien, Basel, Genf, Zürich, Bern und vielleicht noch 
an anderen Orten. 
Das rasche Anwachsen Berlins, sowohl hinsichtlich seiner Einwohnerzahl wie hinsichtlich 
des Wohlstandes der Bevölkerung auf der einen und die gegenüber geringwertiger und 
fehlerhaft behandelter Milch hier geübte Duldung führte Herrn Grub zu dem Plane, das 
reiche Maß seiner auf diesem Sondergebiete gewonnenen Erfahrungen einer nach größerem 
Maßstabe in Berlin zu errichtenden ähnlichen Anstalt zuzuwenden. 
Während wenig mehr als Jahresdauer in der gesundesten Lage Berlins, nämlich 
am Abhange des Kreuzberges dicht an dem neu angelegten Viktoriaparke erbaut, wurde 
diese Anstalt am 18. Oktober v. I. eröffnet. Unter Berücksichtigung der neuesten und 
zuverlässigsten Errungenschaften auf dem Gebiete der Stallpflege und Fütterung der Rinder, 
der Milcherzeugung und der Milchbehandlung auf das gediegenste hergerichtet und sachkundigster 
Leitung unterstellt, gewann auch diese Anstalt rasch die ungeteilte Anerkennung in den 
Kundenkreisen sowohl wie bei den Ärzten. Insbesondere wurde von letzteren die Anstalt 
nach vielseitiger Besichtigung und Prüfung allgemein als ein Segen für die Gesundheits 
pflege Berlins auf das freudigste begrüßt. 
Für 250 Milchkühe Raum bietend, sind die luftigen, freundlichen Stallungen der 
Anstalt vorläufig mit 72 jugendlichen Schweizerkühen besetzt, die nur mit ausgewähltem 
bestem Gebirgsheu, mit Weizenmehl und Weizenkleie gefüttert werden. Zweimal wird 
täglich gemolken, die unter peinlichster Beobachtung der Sauberkeit gewonnene Milch un 
mittelbar nach dem Melken tiefgradig abgekühlt und in sauberen, mit eigenartigem Verschlüsse 
versehenen Glasflaschen durch Vermittelung von 8 eigenen durch ganz Berlin verkehrenden 
Wagen sofort den Kunden zugestellt. Für besonderen Bedarf wird auch dieselbe Milch 
sterilisiert, das ist bezüglich etwaiger Zersetzungskeime durch andauernde Einwirkung hoher 
Temperatur abgetötet. Außerdem wird, immer aus der nämlichen Milch, nur noch Kefyr, 
d. i. in weinige und schaumige Gärung versetzte Milch, hergestellt. Eine anderweite Verar 
beitung etwa rückständiger Milch auf Butter oder Käse findet nicht statt; es ist daher auch 
jede Möglichkeit etwaiger Verwechselung mit abgestandener oder sonstwie minderwertiger 
Milch ausgeschlossen. Trinkhallen und ein daran anstoßender Garten geben Gelegenheit 
zum Milchgenusse in der Anstalt selbst. In ärztlich etwa verordneter Verbindung mit Milch 
werden die entsprechenden Mineralwässer bereit gehalten.^ 
Die Kostspieligkeit einer derartigen Anlage bezüglich Erwerb des Grund und Bodens, 
bezüglich der baulichen Anlagen und der Unterhaltung des Betriebes bedingen selbstfolglich 
auch einen höheren Preis der Milch. Erwägt man aber, daß die von der Anstalt getroffenen 
Einrichtungen Jedermann in ganz Berlin, in welchem Stadtteile, in welcher Grundstücks- 
abteilung, in welchem Stockwerke er auch wohnen möge, in den Stand setzen, täglich zwei 
mal je 7z Liter denkbar bester Milch in denkbar frischestem Zustande sich in die Wohnung 
kommen zu lassen, so wird Niemand den geforderten Preis von 30 Pf. für 1 / 2 Liter zu 
hoch finden können. 
Gute Milch ist das edelste, naturgemäßeste, vorzüglichste Nahrungsmittel. Ohne 
Zweifel wird ein Unternehmen, welches die Erzeugung und Zustellung guter Milch in so 
vollkommener Weise sich zur Aufgabe gesetzt hat, wie dies bei der Milchkur-Anstalt am 
Viktoriapark der Fall ist, insbesondere auch bei den Lesern dieses Blattes, den Freunden 
und Förderern naturgemäßer Lebensweise, der wärmsten, auf dem Grundsätze beruhenden 
Teilnahme begegnen. Vorbeugen ist besser als Heilen. G. S. 
Ärztlicher Briefkasten. 
Herrn Reallehrer K. in H. Sie haben seit dem 19. Lebensjahre, im Ganzen bisher 
seit 18 Jahren, Augenlidkatarrh. Von Zeit zu Zeit wurde l l 2 °/ 0 Kupfervitriollösung einge 
träufelt. Außerdem ist Neigung zu Blutandrang nach dem Kopfe vorhanden; wegen kalter 
Füße kleiden Sie sich sehr warm und schlafen in warmen Betten. Neigung zu langem 
Schlaf; mit 1 Liter leichten Landweins begnügen Sie sich des Abends, bei 2^ Liter Wein 
oder 72 Liter Wein und 1 Liter Bier bekommen Sie Kopfweh! Auch haben Sie leichten 
Rachenkatarrh. 
1) An Ihrem Leiden sind Sie zum großen Theile selbst Schuld, durch allzu großen
	        
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