Volltext: Der Naturarzt 1888 (1888)

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ständig gebraucht, nicht nur die Verdauung in Unordnung brachten, sondern auch 
den Katarrh, zumal da ich fortdauernd unterrichtete, chronisch machten. Darauf 
wurde ebenso viele Wochen zur Kühlung Thamarinden-Lxtrakt in Wasser getrunken, 
auch laxirt und Blutegel an den Hals gesetzt — ohne Erfolg. Natürlich hatte 
ich Rauchen, Weintrinken und öergl. alsbald unterlassen, da alles Reizende und 
Erhitzende die Trockenheit, welche sich innerhalb einiger Nlonate auch über die 
Schleimhäute des Riundes und der Nasenhöhle verbreitete, nur vermehrte, ^freilich 
meinte ein zweiter Arzt: „Cin junger Wann, wie Sie, must Wein trinken" (!). Mit 
Beginn der grosten Serien (August) begast ich mich in die Behandlung des Spe 
zialisten Dr. Labus in Mailand, der in Berlin studirt hatte. Seinem vor 
schlage, das Zäpfchen wegzunehmen, stimmte ich bald zu, und so wurde es bis 
auf einen Kurzen Ätumpf mit der Ächeerr Weggeschnitten. Das lästige 
Räuspern hörte auf, aber ich kann seitdem das r nicht mehr als Gaumenlaut, 
sondern nur noch auf italienische Weise mit der Zungenspitze sprechen. Nach Hei 
lung der Wunde besprühte Dr. Labus 12 Tage die entzündeten Schleimhäute mit 
Alaunlöfnng (mittels des Zerstäubers) und erklärte mir dann, ich sei geheilt. 
Ich sah verwundert drein, da der Katarrh um kein Iota gebessert war, konsultirte 
noch einige Aerzte, u. A. einen Universitätsprofessor in Turin, gebrauchte noch an 
zwei verschiedenen Schwefelquellen, wo ich mit einem wahren Heldenmuthe unge 
heure Mengen dieser Stinkwässer hinunterschüttete, und einer Eisenquelle, Trink- 
und Badekuren — ohne jeden Erfolg. 
Da aber der kühler werdende Herbst die unangenehmen Empfindungen mil 
derte, so unterrichtete ich weiter. Ein Freund in Deutschland (kein Arzt!) empfahl 
mir Nasrndonchen mit lauem Cibischthee, und diese milderten die Trockenheit in 
der Nasen- und Mundhöhle bedeutend und erleichterten dadurch das Sprechen (reines 
Wasser hätte es natürlich auch gethan). Als sich durch die fortgesetzten Anstren 
gungen in der Rachenhöhle kleine Wärzchen bildeten, so wurden diese den ganzen 
Winter hindurch alle 8 Tage von einem Arzte mit Höllenstein weggebeizt und — 
Kamen doch immer Wieder; die Natur wollte sich von der Kathederweisheit 
nicht meistern lassen. Eine Zeit lang mustte ich auch ein schwarzbraunes Pulver 
nehmen und mit Chlorkali gurgeln, vor dem längeren Gebrauche des ersteren 
marnte mich der Apotheker selbst! 
Eine im Sommer 1874 an den berühmten Schwefelquellen zu Acqui bei 
Alessandria (Piemont) wiederholte 3 wöchige Trink- und Läderkur, während welcher 
ich, um die getrunkenen Massen wieder auszuschwitzen, mich im Laufen und Berg 
steigen so anstrengte und die 30—32° R. warmen Bäder (je 1 Stunde!) meine 
Nerven so erschlafften, dast ich ein paar Mal halb ohnmächiig niedersank, nützte 
ebenso mrnig mie alles Uebrigr. So wurden Zeit, Energie, Lebenskraft und 
materielle Hülfsmittel an Dinge vergeudet, die nur ein hergebrachter Glaube für 
heilsam halten konnte. 
Zum Unterrichten unfähig geworden, da nunmehr auch der Kehlkopf, die 
Luftröhre und deren Arstr vom Kartarrh ergriffen waren, kehrte ich, meine 
sicheren Hoffnungen auf eine schöne Laufbahn in meinem Berufe auf bessere Zeiten 
zurückstellend, und in der bestimmten Erwartung, bei der gründlichen deutschen
	        
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