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ein zu Grunde liegendes constitutionelles Leiden (Syphilis chronischer Tripper,
Gicht u. s. w.) beseitigt werden konnte. Wer an chronischem Blasencatarrh leides
soll sich mit Geduld wappnen; denn meist ist es der Mangel an Ausdauer, der
einen Erfolg vereitelte. — Während der in einer der ersten Nummern dieses Jahr
gangs beschriebene Fall auf dem Loden der Gicht entstanden war und — wie
wir durch Mittheilungen seitens des Patienten wissen — sich trotz kurzer Lur bis
heute sehr gut gehalten Hatz bestand in dem heutigen (fall rheumatische Anlage.
Herr p. aus g. t 45 Jahre, hatte schon vor vier Jahren, nachdem ein heftiger
rheumatischer Anfall vorausgegangen war, einen Blasencatarrh durchgemacht.
Schon damals waren Lefchwerden beim Wasserlassen aufgetreten, so daß das Wasser
oft mittelst Eatheters abgenommen werden mußte. Ende Januar d. I. trat nach
abermaligem rheumatischen Anfall ein neuer heftiger Blasencatarrh, verbunden mit
Stuhlverhaltung und blutigem Stuhlgang auf. Das Eatheteriflren war sehr häufig
nöthig, da Llasenkrampf bestand. Schmerzen bestanden nicht, nur leichter ständiger
Druck in der Llasengegend. Patient litt, wie stets im Frühjahr, auch an Forun-
kulofe, als Ausdruck allgemeiner Ernährungsstörung, wie denn auch der Magen
nicht in normalem Zustande war. Endlich bestand noch Emphysem (Lungenerweite-
rung). — Trotz konsequenter Anwendung nächtlicher Leibumschläge bezw. von
D Linden, von wöchentlich zweimaligen Ganzpackungen und zweimaligen pneu
matischen Schwitzbädern, von täglichen warmen Sitzbädern, die den Llasenkrampf
beseitigen sollten, rationeller Trocken- bezw. vegetarischer Diät blieb, von kleinen
Schwankungen abgesehen, das Befinden während der ersten zehn Tage das gleich
schlechte. Die Ursache des dauernden Reizzustandes war vielleicht der Umstand,
daß durch mangelnde Sorgfalt beim Selbstcatheterisiren Gährungserreger in die
Blase gekommen waren; denn unter dem Microscop zeigten sich zahlreiche Bakterien
und Eokken im Harne.
plötzlich am elften Tage der Behandlung trat ein völliger Umschwung ein,
so daß der Patient nach vierzehn Tagen nur noch mit Mühe zu bereden war, nicht
leichtsinnig die Eur zu unterbrechen. Länger als weitere acht Tage konnten wir
ihn nicht halten; dann aber auch als geheilt entlassen. — Daß in so kurzer Zeit
ein Erfolg erzielt wird, ist, wie erwähnt, selten. Eine Dame aus H., die — ur
sprünglich wegen eines anderen Leidens acht Wochen bei uns war, konnte von einem
ähnlichen Eatarrh, der auch durch unreines Eatheteristren verschlimmert war, nicht
geheilt werden, da sie leider nicht die Geduld hatte, länger auszuhalten, während
Vielleicht einige Wochen mehr ihr Heilung gebracht hätten; denn das ursprüngliche
Leiden war ein Hinderniß der Heilung des Blasencatarrhs, da der Ernährungs-
und üräftezustand ein energisches Eingreifen erst in den letzten Wochen gestattete.
„Geschlossener Mund erhält gesund."
' von Dr. ph. Carl Nrmnaun.
Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten sind bekanntlich ihrem
Wahrheitsgehalte nach sehr verschieden, je nachdem sie entweder als ländlich-sittliche
Wahrheit und Unwahrheit nicht berücksichtigende, gewohnheitsgemäße Aussprüche»