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Zur Sehandtung der Cholera.
In der gestrigen Sitzung des medicinifchen Doctoren-Lolleglums sprach sich
Professor Wintrrnitz in folgender weise über die gegen die Cholera anzu
wendende Therapie aus: „wir sind vorderhand außer Stande, den Bacillus als
Krankheitserreger zu bekämpfen, sind vielmehr blos auf symptomatische Behandlung
angewiesen. Zunächst aber müsse die Prophylaxis in's Auge gefaßt werden, die
in einer excefstven Reinlichkeit, ängstlichster Vermeidung jeglichen Diätfehlers, jeder
Erkältung und jedweder excesstver Lebensführung bestehe. Die Beobachtung, daß
die arme Bevölkerung der Krankheit eher anheimfalle, daß ein jeder Sonn- und
Feiertag eine unverhältnißmäßige Vermehrung der Erkrankungen im Gefolge habe
und die Erwägung, daß stets ein gesunder Organismus einer Krankheit sich besser
erwehre, seien die Stützen dieser Vorsichtsmaßregeln. Die erfahrensten Aerzte haben
ferner beobachtet, -aß an Kalte Waschungen gewöhnte Personen von -er
Cholera verschont geblieben seien, sowie daß die im Anfangstadtum der
Cholera mit kaltem Wasser und Frottiren und nachheriger Körpererwärmung
mittelst Zimmergymnastik behandelten Patienten vor der Weiterentwickelung der
Krankheit bewahrt wurden. Äo berichtet ein erfahrener Epidemiolog, -aß
er von 878 so behandelten Fällen 872 günstig verlanfen sah. Im
Jahre 1849 kam es in England von 1389 in diesem Stadium zur Behandlung
gekommenen Fallen nur in 72 Fällen znm gewöhnlichen Verlaufe der
Cholera. Darum sprechen sich przibram, Esser und Niemeyer gegen die Existenz
der Cholera sicca aus und darum bezeichnet der bedeutende Krakauer Kliniker
Dittel die Cholera als die fast heilbarste Krankheit, nur müsse ste
gleich in jenem Stadium der prämonitorischen Diarrhoe zur Gehanü-
lnng kommen. Da allseits zugestanden wird, daß in der Therapie der Cholera
kein Fortschritt zu verzeichnen sei, verlange er Angesichts dieser und vieler anderer
Verbürgter Thatsachen die Erprobung dieses Verfahrens."
„Neues wiener Tageblatt."
Zur Gefährlichkeit der neueren sogenannten „Heilmittel."
(Aus den „Homöopathischen Monatsblättern.")
Ueber die ..Heilmittel" der Allopathen geht Jedem ein Licht auf. der den
Bericht des Dr. med. Erlenmeyer aus der Irrenanstalt Bendorf a. Rh. über
Eocainsucht in der ..Medicinischen Presse" liest. Dr. (E. citirt zuerst ein Urtheil
des Dr. Walles über das kürzlich erfundene Eocain. dem Walles alle guten (?)
Eigenschaften des Morphiums nachrühmt. ohne daß es dessen Nachtheile besitze,
kaum nach Jahresfrist ist dieses günstige Urtheil gründlich zu Schanden geworden,
denn die Eocainsucht hat sich, wie E. sagt, der Trunksucht und Morphiumsucht als
dritte Geißel^) der Menschheit angeschlossen, und gleich ihnen verursacht sie die erheb-
*) Als 4. ist die „Impssucht" zu bezeichnen.