Volltext: Der Naturarzt 1887 (1887)

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Zweite Vortheil besteht darin, daß die besonders rauhe und kalte Luft auf ihrem 
längeren und engeren Wege durch die Nase in einem der Lunge zuträglicheren 
Uebergangszustand größerer Wilde und Wärme übergeführt wird. Der dritte 
Vortheil endlich dürfte darin zu finden fein t daß die namentlich mit schädlichen 
Gtaubtheilchen gemengte Luft auf ihrem engeist zum Theil mit reichlichem Schleim 
ausgestatteten Wege durch die Nase veranlaßt wird, die mitgeführten Staubtheil- 
chen zum großen Theil schon an den Wänden der Nasenhöhlen abzusetzen. Wan 
betrachte nur die äußeren Nasenlöcher eines in kohlenstaubhaltiger oder rußiger 
Luft thätigen Arbeiters, um sich zu überzeugen, welche Staubpartikelchen die ein- 
geathmete Luft schon an den unteren Nasenrändern abzusetzen pflegt. 
Das Athmen durch den Wund geht im Allgemeinen dieser Vortheile ver 
lustig; die eingeathmete ungesunde Luft verliert weit weniger von ihrem schädlichen 
Eharacter; ist sie rauh und kalt, oder mit Staubtheilchen oder gefährlichen Gasen 
gemischt, so bleibt sie es auch bei ihrem Eintritt in die Lungen, denn sie hat einen 
kürzeren geräumigeren Weg dahin zurückzulegen; die Gefahr, beim Athmen durch 
den Wund zu erkranken, ist daher größer, als beim Athmen durch die Nase. Wan 
wird daher dreist behaupten können, daß von zwei ursprünglich gesunden Personen 
unter sonst gleichen oder ähnlichen Verhältnissen diejenige eher oder leichter gesund 
erhalten wird, welche viel durch die Nase athmest als diejenige welche es vorzieht 
beim Athmen den Wund so viel wie möglich offen zu halten. Wenn sich nun 
auch nicht läugnen läßst daß die Lungen trotz ihres zarten Gewebes ziemlich wider 
standsfähige Grgane bilden, die sich auf vorsichtige Weise an schnelleren Temperatur- 
wechsest bis zu einem gewissen Grade auch an die kürzere oder längere Ertragung 
fremdartiger Beimischungen der atmosphärischen Luft gewöhnen lassen, so daß nach 
gewissen Zeiträumen die Natur die Schleimhäute der Athmungsorgane zu erhöhter 
Thätigkeit anregst und die Hinausbeförderung der fremdartigen in denselben abge 
lagerten Substanzen, also die Reinigung der Lungen besorgst so hat das immerhin 
feine Grenzen, welche sich ohne Nachtheil für das zarte Lungengewebe, ja ohne 
Gefahr für die Respirationsorgane überhaupt nicht überschreiten lassen. So würde 
es sehr unvorsichtig fein t wenn man trotz aller Gewöhnung und Abhärtung nach 
einem Tanzvergnügen oder nach einem Wein- oder Viergelage, wo es also an 
Gelegenheit durch vieles Sprechen, Gingen, Streiten, Leib und Seele aufzuregen, 
die Lungen ungewöhnlich zu erhitzen, nicht mangelst wenn man beim Verlassen des 
warmen, ja bisweilen heißen Lokals und beim Hinaustreten in die kalte rauhe 
Nachtlufst letztere mit geöffnetem Wunde in vollen Zügen einathmen, wenn man 
die im Lokale begonnene lebhafte Unterhaltung auch noch unterwegs auf dem 
Heimwege fortsetzen und dadurch die Veranlassung geben wollte, daß die rauhe 
Luft häufig — wie dies beim eifrigen Sprechen kaum zu vermeiden ist — auf 
direkteste Weife durch den geöffneten Wund in den Kehlkopf und die Lungen ge 
langen kann. Cs würden dadurch in ihren folgen mehr oder weniger recht un 
bequeme^ ja sogar leicht gefährliche Reizzuftände oder Entzündungen der Schleim 
häute hervorgerufen werden. Also den Wund zu, Ihr Tänzer oder Tänzerinnen, 
Ihr Kneipbrüder auf Eurem Wege in rauher Nachtluft vom Vergnügungslokale 
bis zu Eurer Wohnung, wenn Ihr gesund bleiben wollt!
	        
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