Volltext: Der Naturarzt 1886 (1886)

41 
linge von einem Blasenansschlage befallen, der so ansteckend war, daß bis Ende 
August von der kaum 3000 Seelen zählenden Bevölkerung weit über 300, 
sowohl Kinder wie Erwachsene, mit jenem Ansschlage behaftet waren. Derselbe 
ließ widrige nässende Borken und schließlich tief dunkelrot gefärbte Flecken zurück 
und befiel die Abgeheilten von neuem, verschonte auch keinen Körperteil. Bei 
den erkrankten Kindern war das Allgemeinbefinden vielfach erheblich gestört, 
bei vielen die Drüsen angeschwollen, bei wenigen vereitert. 
Dieser der Jmpfglorie außerordentlich ungelegeneVorfall wurde am 
22. August amtlich untersucht, wobei die Massenvergiftnng konstatirt und weiter 
erhoben wurde, daß den Jmpfarzt keine Schuld treffe, da erwiesenermaßen die 
verwendete Lymphe aus dem k. Zentral-Institut zu Stettin stammte. 
Seitdem ist die Sache noch zweimal untersucht worden und zwar durch den 
Staatsrat vr. Walz (Jmpfgegner) und den Regierungs-Medizinalrat ans 
Stralsund, einen Delegirten aus Berlin und die Greifswalder Professoren 
Mosler und Eichstedt. Von dem Resultat ist bisher nicht viel in die 
Öffentlichkeit gedrungen; man wird wahrscheinlich die Sache entweder tot 
zuschweigen oder als „unbedeutend" hinzustellen versuchen. Die Be 
völkerung der betroffenen Ortschaften ist dagegen sehr besorgt und erbittert, 
und wird eine neue Impfung nur mit Anwendung von Zwangsmaßregeln 
durchzuführen sein. 
Als Seitenstück hierzu diene, daß die Jmpfversuche des französischen Che 
mikers Pasteur mit Wutgift (gegen Hundswut) sich immer mehr als Täu 
schung erweisen. Bon den angeblich geheilten Patienten starb einer nach 
dem andern, während bei den leben gebliebenen fast mit Sicherheit angenommen 
wird, daß die Hunde. von denen sie gebissen wurden , n i ch t t o l l waren. 
Also dasselbe Resultat, wie bei den Milzbrandimpfnngen, bei welchen selbst die 
vorsichtige preußische Regierung „hereinfiel' und viel Geld opferte. Nach 
träglich mußten diese Impfungen verboten werden, da sic ungeheuren Schaden 
angerichtet hatten. Bezüglich der Wutgiftimpfungen sagt der von mehren nam 
haften französischen Gelehrten erstattete Bericht etwas derb, daß „ihnen" — 
den Wutgiftimpfungen — „nur noch Tölpel und Dummköpfe Beifall zollen 
können", ein Urteil, so hart, wie es der immerhin wissenschaftlich strebende 
Pasteur denn doch wohl nicht verdient. 
Vas Naturhcilversahml vor der Strafkammer des großh. 
Landgerichtes in Darmstadt. 
In dem in Darmstadt erscheinenden „Täglichen Anzeiger" vom 
26. November vor. Jahres ist vorstehender Artikel veröffentlicht: 
„Die von Oberstlicutenant Spohr in Gießen Namens seiner Ehefrau 
und von Georg Weicker in Auerbach gegen den Redakteur dieses Blattes 
angestrengte Beleidigungsklage kam gestern vor der Strafkammer Gr. Land 
gerichts in der Berufungsinstanz zur Verhandlung, nachdem von dem hiesigen 
Schöffengericht Redakteur Kick) ler freigesprochen worden war. Gegenstand der An 
klage war bekanntlich ein im „Täglichen Anzeiger" erschienener Artikel, in 
welchem gegenüber einer in den „Neuen Hessischen Volksblättern" enthaltenen 
Anpreisung des G. Weicker, der den Herrn Professor vr. Oncken und andere 
von den Ärzten angeblich aufgegebene Kranke glücklich kurirt habe, die An 
gaben über die Krankheit des Herrn Professor Oncken berichtigt und hierbei 
mit bezug auf die von Laien ausgeübte Naturheilknnde die Ausdrücke
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.