Volltext: Der Naturarzt 1886 (1886)

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nur gegen Vorauszahlung! Ich habe auch Baarauslagen (Buchdrucker, Buch 
binder, Postmarken) und kann nichts anderweitig verdienen zur Zeit, wo ich für den 
„N.-A." arbeite! Also wäre es Ehrensache für alle, es so zu machen wie einige, 
die schon inr Dezember, spätestens im Januar ihr Abonn. einsenden, statt dessen restiren 
jetzt noch über 100 mit demselben. 
Ab. in F r e i b u r g. Sie bemerken, daß meine Verordn u n g bez. desSchreibe - 
k r a m p f e s im vor. Briefkasten nicht ausreiche, sondern noch tägliches Lmaliges 
schwedisches Kneten und Erschüttern des Armes, sowie ein halbstündiges Drehen nrit 
schweren Eisenhanteln das beste Mittel dagegen sei! — Antw.: Bitte doch meine Ver 
ordnung S. 127 noch einmal zu lesen, dort wird neben der Wasserbehandlung noch 
heilgymnastische nach Ling, d. h. die schwedische empfohlen! Schon Dutzende von 
Fällen so kurirt! 
Ab. in Z ö p l i tz. Zum Nachtrag im vor. Briefwechsel noch folgendes : Seit vor 
vergangenen Herbst figurire ich als wohlbestellter I ä g e r i a n e r und will den aus 
dieser absoluten W o l l b e k l e i d u n g gezogenen Nutzen nicht verschweigen, und erkenne 
ihn dankend an, aber nur bis zu einer gewissen Grenze, an dieser ange 
langt, stellte sich ein gebieterisches Halt! entgegen. Wie so ? Die Jägeruniform, streng 
nach Vorschrift, vermochte es, mein unfolgsames Fell etwas zur Raison zu bringen: 
derbe, wohlthuende Erleichterung bringende Schweiße wurden bald dem frischge 
backenen Wollenen bescheert und flotte Ausdünstung machte sich bemerkbar! Meine Berg 
touren machte nur in dieser Bekleidung, Lust nach den Lichtluftbädern verspürte 
gar nicht mehr! Und wie ich dampfte in den heißen Tagen im zeitigen Frühjahr und 
wie mein früher trockenes Fell rauchte! Eine Lust war dies anzuschauen; und wie mollig 
diese Verdunstung, selbst auf luftiger Waldeshöhe, dabei von einem gruseligen Kälte 
gefühl der früheren Linnen keine Spur! Aber schon Schiller sang: Des Lebens un 
gemischte Freude ward keinem Sterblichen zu teil! Und auch ich gehöre zu dieser Klasse! 
Anfangs Sommer machte sich eine auffallende Gereiztheit. Nervosität bei 
mir bemerkbar, welch imgemütlicher Zustand sich steigerte, so daß ich mit mir selbst 
zürnte und auf Kriegsfuß stand. Erst hielt ich diese Erscheinung als Nachwirkung der 
im Winter genommenen warmen Schwefelbäder und der sendeten nächtlichen Ganz 
packungen, da indeß darauf eine sich mehr ausprägende A b n e i g u n g gegen Wollkleider 
resp. Unterkleider eintrat und selbst das leichteste Wollhemd Unbehagen verur 
sachte, so wurde ich stutzig und — warf den Woll pelz bei Seite, nach dem 
Spruche: der Mohr hat seine Schuldigkeit gethan, der Mohr kann gehen! Das Luft 
badhemd flugs her, Licht und Luft frei und direkt auf den Adam spielen lassen und siehe 
da — nach Verfluß von kaum acht Tagen war meine Nervosität verschwunden! 
Ich atmete wieder freier und leichter und bin froher! Und wie e m pfindlich war ich 
inzwischen geworden! Ich erschrak selbst, empfindlich gegen den leisesten Lufthauch! Ich 
alter Riklianer, der auf seinen Wanderungen selbst in der Höhe der Schneeregion auf 
dem St. Bernhard ein Luftbad nehmen konnte! Das gibt mir zu denken und bedenken, 
ob ich je wieder Jägersche Unterkleider anlegen werde! Nachdem ich mich wieder 
gestärkt und über meinen Zustand nachgedacht, erinnerte ich mich des der Nr. 1 beige 
gebenen Prospektes von Dr. Lahmanns Neform-Baumwoll-Kleidung und stimmte dein 
dort Gesagten bei: eine Normalkleidung allgemein, ist ein Unding und diese Frage 
nicht wie das Bretzelbacken abzuhandeln! Die Hauptbedingungen, die die Hygieine stellt, 
ins Auge fassen, sich darnach richten, jeder nach seiner Fayon — Alter, Geschlecht, Stand, Be 
schäftigung, Klima re. das dürfte für jedermann der richtige Fingerzeig sein und selbst jeder 
dann am besten herausfühlen, wo ihn der Schuh drückt und was ihm frommt! Somit setzte ich 
mich mit den: Hause W i z e m a n n in Verbindung und ließ mir Hemden und Unter 
beinkleider kommen, mit denen sehr zufrieden zu sein ich alle Ursache habe, nicht sowohl 
was Stoss und Arbeit anbelangt, sondern auch das Tragen derselben bei gegenwärtiger Hitze. 
Wie sich auf Länge der Zeit die Wirkung dieser Baumwollkleidung bewähren wird, na 
mentlich auch im Winter, das werde ich Ihnen später zu Nutz und Frommen Anderer 
aufrichtig mitteilen! Antw.: Ei, ei! So rasch hat der Wollene sich in den Baumwollenen 
verwandelt, da Habs ich doch gescheidter gemacht, bin langsam ins Zeug gegangen, habe 
namentlich mein einfaches Lager beibehalten, in dem es mir nächtlich pudelwohl ist und 
wenn in diesen heißen Tagen mich auch manchmal der Gedanke befiel: du bist doch ein 
rechter Esel, dich so ganz in WollMg zu stecken par l’ordre de Mutti Jaeger, so hat ein 
Blick auf die Offiziere mit ihren dicken zweireihigen zugeknöpfter: Waffenröcken mich be 
lehrt, daß man schon was aushalten kann, ohne gleich nervös zu werden und abends, 
wenn „Linnene" ihre Überzieher anlegten, gehe ich wieder leicht fürbaß ohne selbigen, 
fühle mich mollig dabei und erst jetzt bei kühler Morgen- und Abendluft bin ich ganz 
unempfindlich! Stimme Ihnen aber gerne bei: Eine Normalkleidung für alle Jahres 
zeiten, alle Klimate, alle Menschennaturen re. gibt es nicht, darin unterscheidet sich
	        
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