Volltext: Der Naturarzt 1885 (1885)

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tuen tg er cibljüngtg fein als jeder anders Gekleidete. Temperatur und Nässe berühret: 
seinen Körper nur in gemilderter Gestalt, Zug vermag ihm nicht so leicht intensive Durchkältungen 
und Erkältungen zu veranlassen, er wird wetterfest in jeder Beziehung. Die anderen un 
erträgliche §onnenglut inkommodirt ihn eben so wenig wie die Kälte des Winters; seine Klei 
dung .ist im Winter nahezu wie die im Sommer, er beengt sich nicht mit zahllosen Unterkleidern 
und Überziehern — er wird mit einem Worte von äußeren Einflüssen in hohem Maße unab 
hängig. Zudem atmet er an einem Tage während voller 24 Stunden reine, frische, unver 
dorbene Luft, während andere Menschen dies nur höchstens während 16 Stunden thun, Körper 
und Geist werden frisch und lebendig erhalten durch diese reichliche Sauerstoff-Zufuhr. Und 
sollte nicht auch das Gemüt, der Charakter dadurch beeinflußt werden? Wird nicht jemand, 
welcher seinem Körper alles zutrauen kann, an Mut und Entschlossenheit, Energie und That 
kraft eher zunehmen, als jemand, welcher sich bei dem einfachsten Echauffement eine Erkältung 
zuzuziehen fürchtet? Wiederum ist hierbei Jägers Erklärungsversuch dieser Thatsache!: aus 
der Theorie der Ausscheidung der „Ekelstoffe" aus dem Körper durchaus unnütz; die 
Thatsache erklärt sich ungezwungen genug durch sich selbst! 
Nun aber, und das darf zum Schlüsse nicht verschwiegen werden, schießen alle diejenigen 
bei der Beurteilung der Wollfrage erheblich über das Ziel hinaus, welche meiner:, ein mit 
Wolle Bekleideter könne überhaupt nicht mehr sich erkälten oder überhaupt krank werden. Den: 
gegenüber muß zunächst daran erinnert werden, daß unmöglich unsere ganze Körperoberfläche 
mit Wolle bedeckt werden kann: die Hände, das Gesicht und vor allen Dingen die wichtigste 
Körperoberfläche, die Lunge mit ihren Ausführungsgttngen, werden stets den Schttdigunger: 
durch Reize aller Art ausgesetzt bleiben müssen, ohne daß man einen schlechten Wärmeleiter 
dazwischensetzen kann. Außerdem gibt es aber auch gar rnannigfache, und zwar die schwerster: 
Krankheiten, welche nicht auf „Erkältungen" beruhen. Die Wolle setzt aber zweifellos die 
Empfindlichkeit der äußeren Haut erheblich herab uud verringert dadurch die Disposition zu 
Erkältungen in hohem Maße; sie ist daher, wenn auch kein absoluter, so doch ein ganz be 
deutender Gesundheitsschutz zweifellos zu nennen. 
Um das Wollregime zu beginnen, wähle man an: besten die Frühjahrs- oder Herbstmonate, 
wo die Temperatur der Lust eine mittlere ist. Im Winter würde man zunächst bei der 
Entfernung der früheren, den Körper zwiebelschalenartig umgebenden vielfachen Hüllen 
frieren, im heißer: Sommer aber durch den Reiz auf die Haut..einigermaßen inkommodirt 
werden. Empfindliche Naturen lverden gar nicht selten durch den Übergang zu diesem Regime 
empfindlich alterirt, ehe sie die Annehmlichkeit desselben verspüren. Sicherlich aber ist die Woll- 
kleidung als eine erheblicheBerbesserung und Vereinfachung, eine R ü ck kehr 
auf einen von der Natur selbst vorgezeichneten Weg anzusehen. Ihr Wert liegt in der 
Abhärtung und Kräftigung der mit derselben bekleideten, in der Festigung gegenüber 
starken Witterungseinflüssen, und ist sie dadurch von nicht zu unterschätzend er Bedeutung für die Nation. 
3mx Gegenstücke ju fräs. Änckens Krankheits - Geschichte 
nämlich: 
Ebenfalls allopathisch ausgegeben und physiatrisch gerettet. 
Vom Herausgeber. (Fortsetzung.) 
Als ich am andern Morgen (Ostermontag) 6 Uhr wieder bei meiner Pa 
tientin war, fand ich abermals keine Veränderung gegen Tags zuvor bei der 
selben, der Kopf war mäßig warm, der übrige Körper dampfte förmlich (was 
man gut fühlt, wenn man mit der Hand unter die Einpackung bis auf die 
Wolldecke greift), der Puls zählte gegen 80 Schläge, die Pat. war somit reif 
zum Halbbad. Auf mein Befragen, wie es die Nacht über gegangen sei, sagte 
die Schwester, daß Fräulein P. meist ganz ruhig dagelegen fei und nur 
einigemal sich aufgerichtet habe; von 2 Uhr an habe sie ihr Kopfumschläge ge 
macht und selbige halbstündlich erneuert bis gegen 4 Uhr, wo die Kopfhitze 
wieder nachgelassen habe; der Nackenumschlag sei noch an seiner Stelle. Pat. 
wurde nun wieder gehalbbadet (wobei mir, da ich sie während des Bades immer 
scharf beobachtete, ausfiel, daß sie ein paarmal den Kopf nach mir herumdrehte, 
was wohl als ein Zeichen aufdämmernden Bewußtseins anzusehen), ins Bett 
zurückgebracht, abgetrocknet, später nüchtern mit frischem Trinkwasser versehen;
	        
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