Volltext: Der Naturarzt 1885 (1885)

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beutel, aber nicht für unser Wohlsein und Wohlbehagen, indem 
sie ja aller Augenblicke was anderes, sich widersprechendes, ganz nach Laune 
und Willkür bringen, svdaß wir die r e i n e n S k l a v e n nolens volens ab 
geben müssen, von diesen meist ganz unwissenden Handwerkern, die sich 
Gott weiß was für Wisser und Künstler zu sein dünken! 
Es ist wahr, die menschliche Haut ist geduldig, sie vermag etwas 
auszuhalten, man denke an die eiserne Ritterrüstung des Mittelalters, 
welche sicherlich nicht die menschliche Nornralkleidung war und gegen welche 
unsere heutige Bekleidung ein Pappenstiel ist, ferner an alle Wandlungen der 
Kleidertracht seit ein paar tausend Jahren! Es kommt einem da unwillkürlich 
der Gedanke: Es scheint ganz egal zu sein, worin und wie wir uns kleiden, 
denn auf die Sterblichkeit der Menschen im großen und ganzen muß die Be 
kleidung doch wenig Einfluß haben, da dieselben geboren werden, leben und 
sterben seit Olims Zeiten demn n g ea chtet, wenigstens ist noch kein Sta 
tistiker auf den Gedanken gekommen, Untersuchungen darüber anzustellen: bei 
welcher Bekleidnngsart die Menschen am wo h l sten sich befinden und von 
Krankheiten unbehelligt aur l ä n g st e n leben! Und das wäre doch ein Ver 
di e n st v o l l e s Unternehmen für die Ärzte und Hygieniker! 
Mustert man nun die hygienischen Schriften der Ärzte aller Zeiten durch,, 
so findet man allerdings vereinzelte Andeutungen über die Beschaffenheit unsrer 
Kleidung und ihrer Eigenschaft, ob nützlich oder schädlich für den menschlichen 
Körper, aber keiner derselben hat sich vorzugsweise auf gründ vielfältiger Prü 
fungen so energisch für einen Stoff und gegen alle anderen ausge 
sprochen , wie gerade Prof. Jäger vor circa 5 Jahren für die Wolle 
dies gethan und dadurch einen wahren Sturm unter den Ärzten wie dem 
Publikum, nanieutlich den Schneidern und Fabrikanten aller Art hervorgerufen 
hat, was niemand verwundern kann, der da bedenkt, welche Tragweite diese 
Jägersche Kleiderreform für jedermann ohne Unterschied hat, erstens befreit 
sie uns von der stets wechselnden lästigen Willkür der Schneider- und Fabri 
kantenzunft, denen man künftig nicht mehr so willenlos seine Haut zu Markte 
tragen muß und zweitens kommen wir endlich aus dem S chw an kende n der 
Ansicht heraus, ob dieser oder jener Stoff besser für unsere Haut resp. Ge 
sundheit ist; denn eine N o r m a l k l e i d u n g muß es auch für den Menschen, 
geben, wie es eine Normalnahrung für denselben gibt! Und Prof. 
Jäger glaubt den Stoff für dieselbe in der Wolle gefunden zu haben; er 
hat sich aber nicht damit begnügt, dieselbe im allgemeinen zu empfehlen, wie 
sonst geschehen, sondern hat, da er die Störrigkeit und Verschlagenheit der 
Handwerker und Fabrikanten wohl kennt, auch die reelle Herstellung, 
der Bekleidungsstoffe und der verschiedenen Bekleidungsstücke daraus selbst 
in die Hand genommen, nicht minder sich selbst und seine Familie zuerst ganz 
in Wolle gesteckt und darin sich jetzt auch in Nord und Süd, Ost und West 
dem Publikum p r ä s e n t i r t! Und das zieht!! 
Daß die Ärzte größtenteils nicht f ü r seine Reform sind, sowenig wie für 
den Vegetarismus, ist sehr erklärlich, da dieselben zur Zeit noch keine 
staatlich angestellten G e s u n d h e i t s m e i st e r, sondern aus den Geldbeutel 
kranker Menschen angewiesen sind, daher auch nicht für eine Kleiderreform 
schwärmen können, welche die Menschen s e u ch e n f e st, gesünder, r ü st i- 
stiger und wohl auch länger lebend wacht! Zum Beweis, daß aber 
doch einige bereits für Wollkleidung auf gründ ihrer naturwissenschaftlichen 
Kenntnisse aufzutreten sich nicht scheuen, will ich nachstehend einen (Dr. Aß» 
man n) zur Belehrung meiner Leser seine Weisheit leuchten lassen, die viel--
	        
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