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in glsiindk» «nd dranlitn Tagrii.
Herausgeber und Redakteur: Gustav Wolbold in Ob erlößnitz bei Dresden.
1885
M 7.
Monatlich erscheint eine Nummer L 1 Bogen; ferner vom Februar an
aller 2 Monate eine litt. Beila g e ü-pg Bogen; somit jährlich 15 Bogen,
preis für ganz Deutschland 5 ilt.; für Österreich 3 fl. Pap.: für die
Schweiz, Holland, Frankreich, Italien re. 6 fr. 50 C. Zu beziehen:
direkt vom Herausgeber mit Franco-Zusendung per Post bei
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durch den Buch andcl nur mit Aufschlag! Einzelne Nrn. 40 Pf.
Inserate: Die durchlaufende Zeile oder deren Raum 30 Pf.
Vierund-
zwanzigster
Jahrgang.
Juli.
Jnhatt: Votivtafel. H. K e s s e l r i n g.
1. Zwei Gegenstücke zu Prof. Dr. On ck ens Krankheitsgesch. vom Herausgeber. (Fortsetz.)
2. Vom vierten Kongreß für innere Medizin in Wiesbaden. Vom Herausgeber. (Schluß.)
3. Warnmlg vor den sich in der Natur-Heilurethode einschleichen wollenden Heilmittellehren.
Von Dr. med. Lah m a n n.
4. Zum Schlagtod des Prinzen Friedrich Karl voll Preußen. Von: Herausgeber.
5. Bericht ü. d. Allgem.-Versamml. d. Deutschen Vereins f. volksverständl. Gesimdheitspflege.
Vermischtes, Briefwechsel, Inserate.
Votivtafel.
Wo die Geschichte der Medizin beginnt, weiß man nicht genau, sie reicht zurück bis ins
graue Altertum und es ist anzunehmen, daß die ältesten Volker der Erde i h r e H e i l k ü n st l e r
gehabt haben von dem Zeitpunkte an, wo der menschliche Körper zum Wohnsitz von Krankheiten
ulld Leider: lvurde. Medizinische.Hochschulen und Universitäten gab es natürlich damals noch
nicht, Ulld folglich auch k e i n e Ärzte, wie lvir sie heute kennen. Nichtsdestowelliger sind
schon aus der vorchristlichen Zeit einzelne „medizinische Größen" bekannt, z. B. ein Hippo-
k r a t e s, dessell Scharfsinn über kausalen Zusammenhang, Verlauf und Äusgang voll Krank-
heitell auch in der heutigen Medizill noch mallche Anerkemlung fiubet. Allein schon dieser Hippo-
krates hat das Mangelhafte und Ullvollkommene der menschlichen Fähigkeit zum Heilen voll
Krankheiten eingesehen, denn er selbst stellte ül seinen Aphorismen den Satz auf: „Das Leben
ist kurz, die Kunst ist lang, die Gelegenheit flüchtig, der Versuch gefährlich, die BeurteillNlg
schwierig; es genügt nicht, daß wir Ärzte das Erforderliche leisten, der Kranke selbst und seine
Umgebung, sowie auch die äußeren Umstände müssen, jeder das seülige, zur Erreichung des
Zweckes beitragen." ltub dieser Mangel an Sicherheit, an zuverlässigemWissen
nlacht sich durch die ganze geschichtliche Entlvickelullg der Medizin hindurch geltend; überall
sehell wir ein Kommen ulld Gehen, ein Aufbauen und Abbrechen, ein Behaupten ulld Bestreiten
der verschiedellsten Theoriell uub Systeme, Lehreil und Methoden, Meillungell und Ansichten!
Zlvar lvurde im Laufe der Zeit trotz dieser Unvollkommenheit manches Goldkorn entdeckt von
Jahrhunderte überdauerndenl Werte, allein ün Verhältnis zur Zeit und Kraft, zum Fleiß und
Ausdauern, lvelche zu solchem Suchen und Forschen verwendet wurde, ist sehr vieles n i ch t
gefllnden worden und so hat die Medizin vielleicht am schmerzlichsten voll allen Wissenschaften
erfahren müssen, wie sehr des Menschen Wissen — S t ü ck werk ist! Wie überall da, lvo die
Natur ihre wunderbare Thätigkeit in den Schleier des Geheimnisses hüllt, sich immer die größten
Geister der Zeit der Sache annahmen und mit kunstsinnigen Mitteln wie auch durch ihr Denken
diesen Schleier zu heben und die Rätsel zu lösen suchten, so geschah es auch in der Medizin;
dieselbe wurde frühzeitig in ein dem Bildungsgrad und der Kulturhöhe entsprechendes wissen-
schaftliches Gelvand gekleidet. H. Keflelvittg in „Die Freigebung der Heilkunde".