Volltext: Der Naturarzt 1883 (1883)

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heit zu Tage tritt, scheint mir gerade das Umgekehrte in bezug auf die 
Baktericnkultur der Fall zu sein. 
Wenn in der That z. B. die Spuren des Bacillus anthracis eine solche 
zähe Lebens- und Keimkraft haben, daß sie, an Seidenfäden eingetrocknet, 
Jahre lang dieselbe bewahren, welche furchtbare Waffe würden sie dann 
in den Händen ruchloser Menschen, z. B. Nihilisten, Socialdemokraten, ja selbst 
revanchelüstiger Franzosen abgeben können? Ist es nicht denkbar, daß erstere, 
in Seiden- undSammtfabriken als Arbeiter wirkend, ganze Bevölkerungen mit Milz 
brand inficirtcn? Müßte man nicht den Seidenimport von Lyon her verbieten, um 
gegen alle Revanchegelüste der heißblütigen Franzosen sicher zu sein? Liegt 
letztere Gefahr nicht um so näher, nachdem Herrn Pasteur sein erster Gedanke, 
unsere Rindvieh- und Hammelkultur durch Impfung gegen Milzbrand auf ebenso 
einfache Weise zu zerstören, wie ihm dies bei der Seidenwürmer- und Coconszucht 
in Frankreich so über alle Erwartung gelungen ist, trotz der weltberühmten 
deutschen Leichtgläubigkeit in sog. wissenschaftlichen Dingen fast mißlingen zu 
wollen scheint? Ich setze dabei als Ihnen bekannt voraus, daß ähnliche Maß 
regeln, wie die Pasteursche Milzbrandimpfung beim Rind- und Schafvieh sie dar 
stellt, es zu Wege gebracht haben, die Coconsproduktion Frankreichs von 18 Milli 
onen Kilogramm im Jahre 1866 auf 2 Millionen dergl. im Jahre 1880 herab 
zudrücken. Wie leicht wäre es, wenn der genannte Herr die von manchen 
weiten so sehnlich erwartetete Uni versa l- Imp f-Lymphe erfände, und 
wenn wir mit derselben Leichtgläubigkeit, von welcher die Grundlagen des 
Jmpfzwangsgesetzes von 1874 ein so trauriges Zeugniß ablegen, auf dieselben 
hereinfielen, daß die 45 Millionen Deutsche von 1882 auf 2 Millionen im 
Jahre 1902 reduzirt würden! (Fortsetzung folgt.) 
Heilung epileptischer Krämpfe 
irr Folge eines Falles vom Turnreck bei einem 13jährigen Schüler. 
Vom Herausgeber. 
Ende November v. I. führte mir ein Dresdner Beamter seinen 13jährigen 
Sohn zu und teilte mir mit, daß bei demselben im Laufe des Oktober sich 
einige leichte Ohnmachtsanfälle gezeigt hätten, jedoch ohne weitere Krankheits 
symptome, und am 25. dieses Monats sei derselbe in der Turnhalle beim 
Schulturnen vom Reck herabgefallen, jedoch ohne eine sofortige fühlbare 
und sichtbare Verletzung an seinem Körper davonzutragen, da der Lehrer ihn 
noch mit den Händen aufgefangen und so wohl einen Sturz auf den Kopf 
verhütet habe, nicht aber den Fall auf den Rücken; andern Tages haben 
sich dann Krämpfe mitBewußtlosigkeit (sog. epileptische, d. R.), 
eingestellt, welche sich in 24 Stunden ein paarmal wiederholten, 1 / 2 —l 1 /*. 
Stunde dauerten und schließlich so schlimm wurden, daß der Sohn um sich 
gebissen habe und von drei Personen kaum zu halten gewesen sei. Der herbei 
gerufene Hausarzt, approb. Mediziner, habe Chinin verschrieben und Haus 
arrest angeordnet; da aber nach ein paar Wochen gar keine Besserung ein 
getreten sei, habe er sich an einen Hydropathen gewandt, auf den er durch 
seine Ausschreibungen rc. in öffentlichen Blättern aufmerksam geworden sei, 
welcher den Sohn aber nicht in Behandlung genommen, sondern ihn an mich 
verwiesen habe. Da dieser Herr in der Nähe des Residenzbades wohnt, wohin 
ich täglich nachmittags zwischen 4 und 6 Uhr komme, so sah ich keinen Grund, 
demselben meine Physiatrische Hilfe für seinen Sohn zu versagen, welche sich
	        
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