Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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fischen Oberlandes g e r i ch t s in der Sitzung vom 12. April a. c. für 
Recht erkannt: 
„datz die gedachte Revision zu verwerfen und der Privatklngcr Krähmer 
„die durch dieses Rechtsmittel entstandenen Kosten abzustatten schuldig 
G r ü n b c: 
Die vorige Instanz hat den noch Blt. 1 unter Anklage gestellten Teil des in Nr. 12 
des 19. Jahrganges der von dem Angeklagten Guüav Wolbold hei ausgegebenen und redi- 
girten, unter dem Titel „Der Naturarzt" monatlich erscheinenden Zeitschrift aus Seite 
185—187 gedruckt, ti, von dem Angeklagten selbst verfaßten, gegen die von dem Privatkläger 
Albert Krähmer verfertigten elektrischen Kettenbänder gerichteten Artikels dahin aus 
gelegt. das; darin der für genannten Krähmer objektiv beleidigende Vorwurf enthalten sei, 
derselbe bediene sich bei Anpreisung seiner vorerwähnten Kettenbänder auf Täuschung 
des Publikums berechneter Mittel imb zur Erreichung dieses Zweckes insbesondere „ge 
machter", beziehentlich „falscher Atteste". Ebenso ist festgestellt, daß dieser Be 
schuldigung erweislich wahre Thatsachen mindestens nicht a l l e n t h a l b e n zu Grunde 
gelegen haben und daß der Angeklagte bei Abfassung und Verbreitung des beregten Ar 
tikels in dem Be w n ß t s ei n gehandelt habe, daß letzterer in der vorbezeichneten Rich 
tung dazu angethan sei, den Privatkläger an seiner Ehre zu verletzen. An sich würde 
daher der Thatbestand d s § 186 des Reichsstrasges tzbnches. aus welchem allein die straf 
rechtliche Verfolgung des Angeklagten bes. Blt. 5. Ab. beantragt worden ist, vorliegenden 
Falles g e n ü g e it b gedeckt sein. 
Gleichwohl läßt sich den weiteren Feststellungen der Berufungsinstanz gegenüber 
nicht bezweifeln, daß Wolbold betreffs der von Krähmer wider ihn erhobenen 
Beleidignngsanklage mit vollem Rechte unter Bezugnahme aus § 193 des 
Reichsstrafgesetzbnches frei gesprochen worden ist. Denn das angefochtene Urteil 
konstatirt zugleich ausdrücklich soviel, daß der Angeklagte bei seinen obgedachten Aus 
lassungen in Wahrnehmung berechtigter I n t e r e s s e.n und zwar eben - 
sowohl derjenigen des Publikums überhaupt, welches seiner Überzeugung nach durch 
die Anpreisung jenes, von ihm selbst für völlig unwirksam gehaltenen Heilmittels getäuscht 
und geschädigt werde, als auch insbesondere derjenigen des in diesem Publi 
kum vertretenen zahlreichen Leserkreises der betr. von ihm redigirten Zeitschrift und hier 
durch zugleich in Wahrnehmung seiner eigenen berechtigten Interessen gehandelt habe, 
und es läßt diese F e st st e l l u n g nach Lage der Verhältnisse eine rechtsirrtüm 
liche Auffassung nicht erkennen! 
Wird nun aber auch noch weiter konstatirt, daß dem Angeklagten die Ab 
sicht, den Privatkläger zu beleidigen, bei Abfassung und Verbreitung des in Rede stehen 
den Artikels gefehlt habe und kann überdies, auch selbst wenn man die ausdrücklich 
mit zur Anklage gezogene Überschrift des Artikels „Z u m R e k l a m e s ch w i n d e l" nebst 
Motto besonders„in Erwägung nimmt, nicht behauptet weiden, daß irgend welche 
der denunzirten Äußerungen in eine absolut beleidigende Form gekleidet ge 
wesen seien, so müssen alle diejenigen Voraussetzungen für er füllt gelten, unter welchen 
die nurbezogene Ges. tzesstelle einer an sich injnriösen Kundgebung ausnahmsweise 
Straflosigkeit zu gewähren verspricht. Die speziellen Einwendungen des Beschwerdeführers 
Blt. 137 f. vermögen, soweit sie überhaupt die Intentionen des letzteren mit genügender 
Deutlichkeit erkennbar machen, an dieser rechtlichen Auffassung etwas nicht zu än 
dern, denn insoweit damit anscheinend behauptet werden will, daß die Ausdrucksweise 
des Angeklagten als eine unter allen Umständen beleidigende zu gelten 
habe, so hat man dieser Anschauung, wie bereits bemerkt, keineswegs beizu 
pflichten vermocht. Im Übrigen muß es, um dem Angeklagten den Rechtsschutz 
des 8 193 des Reichsstraigesetzbnches zu sichern, für ausreichend erachtet wer 
den, wenn die Vorinstanz, wie geschehen, dahin sich ausgesprochen hat, daß die — das 
„V o r h a n d e n s e i n" der Beleidigung bildende — A blicht, zu beleidigen, weder 
aus der Form der unter Anklage gestellten Äußerungen, noch aus den Umstän 
den, unter denen letztere geschehen und zur Verbreitung gelangt seien, hervorgehe! 
Und wenn der Beschwerdeführer diesen Ausspruch in der von ihm unternommenen Weise 
zu bemängeln sucht, so darf ihm sogar eine Berechtigung hierzu und zwar um 
deswillen nicht z u g e st a n d e n wnerde, weil hierunter eine thatsächliche, aus freier, 
richteilichcr Beweiswürdigung beruhende Feststellung in Frage tritt, welche zum Gegenstand 
eines Revisionsangriffes niemals dienen kann! 
Es hat nach alledem das Rechtsmittel des Privatklägers und zwar unter 
gleichzeitiger Verurteilung desselben in die dadurch veranlaßten Kosten verwvr-
	        
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