Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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Von Berlin kam noch eine Nachschrift, datirt 29. Oktober, worin mich 
Pat. ersucht, ihm für London eine Adresse mitzuteilen für Bezug von gutem 
Schrotbrot; in Paris habe er absolut kein solches finden können und daher 
welches von London dahin kommen lassen, welches aber mit v i e l H e f e ge 
backen und daher ganz ungenießbar gewesen sei; in B e r l i n habe er dagegen 
gutes bei L. K a e st n e r, Teltowerstraße 59, gefunden. 
Meine Antwort lautete: 
Ich gratulire zur wesentlichen Besserung des Kopfleidens, zum 
sehr seltenen Besuch der Migräne und Verschwinden der Di- 
arrhöe, zum regelmäßigen Stuhlgang und normalen Appe 
tit — als Errungenschaft einer verhältnismäßig kurzen, paarmonatlichen 
häuslichen Kur unter mannigfachen Hindernissen. Über den Krach Ihrer 
geistigen Fähigkeiten nach langer medizinischer Mißhandlung und erst kurzer 
physiatrischer Behandlung brauchen Sie sich nicht zu Wundern, wollen Sie 
nur an meine Ihnen geschilderte lange Kur unter den günstigsten Verhältnissen 
(fern von Haus und Geschäft re.) denken und das Resultat, das ich dadurch 
erzielte; ich hätte selbige natürlich auch lieber nur so nebenher bei meinem 
früheren Berufe gemacht, wenn es gegangen wäre, so dumm sind wir auch 
nicht in Schwaben, daß wir zuni Vergnügen ein paar Jahre eine strenge 
Enthaltsamkeits-, resp. Regenerationskur machen und ein paar tausend Mark 
dafür ausgeben, wenn Heilung eines siechen, medizinverpfuschten Körpers auf 
andere leichte, billige Weise zu erzielen wäre! 
Das noch vorhandene Schwächegefühl nimmt mich nicht wunder bei 
Ihrer Halsstarrigkeit seit der Rückkehr von hier Ihr Gehirn fortwährend geschäft 
lich anzustrengen und nun gar die Geschäftsreisen nach Paris und London mit 
den mannigfachen Aufregungen!! Hütten Sie mir gefolgt und fern vom 
Geschäft ein paar Monate nur der Wiederherstellung Ihrer zerrütteten Ge 
sundheit gelebt, Sie wären wohl auch nicht verhungert und der Zustand Ihres 
Gehirns wäre ein besserer! Was die Aufgabe Ihrer Kaltwasserkur anbe 
langt, so weiß ich nichts von einer solchen, denn ich habe Ihnen bloß eine 
milde temperirte Wasserbehandlung angeraten; wenn Sie selbst zu kalten, 
erregenden Temperaturgraden herabgegangen find, so sind Sie selbst schuld an 
deren Folgen; ich wasche meine Hände in Unschuld, bezweifle aber auch noch, 
daß lediglich die vorgenommenen Kurprozeduren und nicht noch andere Fak 
toren dort ungünstig eingewirkt haben. Patienten wie Sie gehören fort von 
Haus und Geschäft! Die nochmalige Erscheinung von Furunkeln im Gesicht und 
Nacken zeigen doch deutlich an, daß Ihr Organismus noch lange nicht fertig ist 
mit der Regeneration Ihres bresthaften Adams und auf der Reise und an fremden 
Orten können Sie denselben nicht pflegen, wie es zur Zeit nötig ist! Doch des 
Menschen Wille ist sein Himmelreich und — wer nicht hören will, muß fühlen! 
So reisen Sie denn in Gottes Namen nach Engelland und vergessen Sie nicht 
in London die Bekanntschaft des weiblichen Doktors der Medizin — Mrs. 
Algernon Kingsford — zu machen, deren vegetar. Schrift, „Die 
Pflanzennahrung beim Menschen, Franz. Inauguraldissertation" in litter. 
Beil. I u. II besprochen habe; dieselbe wird Ihnen bez. Bezug von Schrot 
brot und vegetar. Kost in London beste Auskunft geben können. Ihre Kur 
des am Flecktyphus erkrankten Jungen freut mich sehr und ich rufe Ihnen 
deshalb ein Bravo zu; Sie scheinen doch nicht so albern zu sein, als Sie sich 
manchmal in Ihren Episteln zeigen, wenden Sie nur Ihren Verstand auch bei 
Behandlung Ihres eigenen Körpers ebenso gut an!
	        
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