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ich mich am Schlüsse dieses 1. Aktes und beim Beginn und Verlauf des
2. Aktes zu verhalten habe, ob im 2. Akte (da die Verdauung jetzt anhaltend
gut ist) nicht schon H ü l s e n f r ü ch t e vorkommen, um dem Heldentenor der
tragischen Oper einige Kräftigung angedeihen zu lassen, sowie um gef.
Angabe, wieviel Akte überhaupt diese Oper (welche an Langwierigkeit
selbst die Wagnerischen übertrifft) Ihrer Meinung nach haben soll? Indem ich
Ihnen schließlich noch bemerke, daß ich das Halbbad jetzt bereits mit 21" und
den Überguß mit 18° nehme und besser vertrage, als vorher, begrüße ich Sie
mit freundschaftlicher Hochachtung R. J. G.
Kaum war meine Antwort vom 13. abgegangen, so lief der 4. Brief vom
16. Januar als 6pi8to1a 1amtzutatioui8 iraeque tertia ein, welcher lautete:
Wie Sie sehen, kann ich wieder schreiben, also sehen und benütze ich den
Augenblick, in dem mir beide Augen zur Verfügung stehen, um Ihnen einerseits
einiges zu meinem Berichte vom 11. d. nachzutragen, andrerseits um Sie um
gef. Aufklärung einiger scheinbarer Widersprüche zu bitten, welche ich in Ihren
Kurverordnungen finde, und die mich so mißmutig und ärgerlich machen, daß ich
nahe daran bin , den Humor, den ich durch den bisherigen günstigen Erfolg
wieder gefunden hatte, auch wieder zu verlieren und, da ich nicht mehr weiß,
wo ich sie anpacken soll, die Flinte in's Korn zu werfen!
Zunächst muß ich mich dagegen verwahren, daß Sie glauben, ich hätte die
Kur infolge des Abscesses unterbrochen. Ich schrieb Ihnen doch, daß ich mich
anfangs um die Geschwulst gar nicht kümmerte ; auch habe ich nicht versäumt,
dieselbe fleißig kalt zu waschen, um sie womöglich abzuleiten, aber ich glaube
heute bestimmt, gerade weil ich die Kur nicht unterbrochen habe, sondern un
mittelbar nach dein Halbbad hinaus ins Freie gegangen bin , um die in der
Kurverordnung vorgeschriebene Promenade zu machen, habe ich den anfangs
kleinen und unbedeutenden Furunkel verkühlt und ist daraus jener große Absceß
geworden, der mein linkes Auge gefährdete. Von einem Ableiten konnte von
dem Augenblick an, wo ich mich gezwungen sah, ins Bette zu gehen, keine Rede
mehr sein; es mußte rasch Hilfe gebracht werden, um den gefährlichen Druck
vom Auge zu beseitigen und dies war nicht mehr anders, als durch einen Schnitt
möglich und die feuchten Breiumschläge dienten nur, um den Prozeß zu be
schleunigen, die harte Geschwulst rasch zu erweichen und die starke Eiteransamm
lung schnell zu entfernen. Es ist daher meine feste Überzeugung, daß wenn
ich bei diesem Zwischenfall gefehlt habe, dies nur durch zu strikte Befolgung
Ihrer Kurverordnung geschehen ist, wie es denn überhaupt mein Unglück von
jeher gewesen, daß ich die Verordnungen der Ärzte, namentlich der „Gift
mischer" zu genau befolgt habe! Ich bin bis jetzt leider noch kein Naturarzt
und kann daher weder wissen, noch schmecken, riechen, hören, sehen oder fühlen,
ob es ein solcher gewöhnlicher, alberner Furunkel übel nimmt, wenn man ihn
bei 10 —14°R. unter Null spazieren führt; Sie aber, der Sie nicht nur kein
gewöhnlicher „Schuster-Doktor", sondern ein erfahrener und praktischer Naturarzt
sind, Sie schreiben mir keine Silbe darüber, daß ich bei solchen Zwischenfällen
das Zimmer hüten soll. Sie halten dies vielleicht für selbstverständlich, ich aber
nicht, denn in Ihrer Kurverordnung bilden die Promenaden den wesentlichsten (?)
Teil und wenn Sie mir also schreiben: in solchen Fällen muß man die Kur nicht
unterbrechen, sondern eher verdoppeln, so könnte ich, wenn ich noch etwas dümmer
wäre als ich es ohnehin bin — dies auch so auffassen, daß ich morgens um 9,
mittags um 12 und abends um 5 Uhr nicht nur eine, sondern 2 Stunden
promeniren solle und wenn es auch so kalt sei, daß das Quecksilber in den
Thermo- und Barometern gefriert! — Dies ist der scheinbare Widerspruch, der