Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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durfte er denselben ruhig verabschieden und seinen Rausse aufschlagen, aber 
nicht „Anleitung" Teil 1, S. 210, sondern 3. Teil, S. 160, wo es 
lautet: 
Das beruhigende Sitzbad findet Anwendung bei entzündlichen 
und stark aufgeregten Zuständen im Unterleibe; seine Dauer ist bis zum 
Nachlaß der beunruhigenden Erscheinungen und seine Temperatur eine stark 
abgeschreckte zwischen 15 — 20°R; frottirt wird der Unterleib nicht, wohl 
aber sanft gewaschen und das Sitzbadwasser mit den Händen in eine die 
Temperatur gleichmäßig verteilende Bewegung gesetzt. 
Also dieses Sitzbad mußte er sofort anwenden, nachdem der Arzt sich entfernt, 
und nach demselben sich ins Bett begeben, eine aus recht frischem Wasser ge 
zogene, gut ausgerungene Leibbinde anlegen und dann ein aus 14 °E. gezogenes, mäßig 
ausgerungenes, vierfach zusammengelegtes quadrätschuhgroßes Stück alte Leinwand 
über den Hodensack und benachbarte Teile legen, mit trockener Bedeckung versehen und 
auf irgend eine Art daselbst zu befestigen suchen; den Leibumschlag mußte er liegen 
lassen bis zum nächsten Sitzbad, das in zirka 3—4 Stunden zu wiederholen 
war, wo dann auch der erregende und hier ableitend wirkende Leibumschlag seine 
Erneuerung fand, während die Skrotalkompresse erneuert werden mußte, so oft 
sie recht warm geworden oder eine schmerzhafte Empfindung in der verletzten 
Partie sich einstellte. Hierauf konnte er mir brieflich den Vorfall mitteilen 
und fragen, was ferner zu thun sei, worauf ich ihm geschrieben hätte: „täglich 
4 Sitzbäder von 20—18° E. und 20—30 Minuten Dauer zu nehmen, in der 
Zwischenzeit kühlende Umschläge auf die entzündete Partie zu legen, und mit 
Wechsel, so oft warm geworden, feuchtkalten Leibumschlag zwecks Ableitung mit 
Wechsel bei den Sitzbädern, im Bette oder bei Tage auf Sopha liegen bleiben, 
bis Alles wieder in Ordnung," was in ca. 8 Tagen geschehen war, während 
Patient mit seinem Staatsmediziner volle 6 Wochen sich herumplagte 
und nun erst noch bei mir anfragt: was er thun solle, um seinen lästigen 
„Sandkloß" ganz los zu werden. Ist das nicht erstaunlich und spricht allzu 
schlagend gegen die Leistung der approb. Staatsmedizin? Das Wort „Sand- 
kloß" habe ich nun auch schon gehört, aber noch in keinem Buche gefunden und 
neuerdings überall nachgeschlagen, im Bockschen Buche, in Munde, in Klenckes 
Hauslexikon, in Meyers Konversations-Lexikon, in Hahns Handbuch und in 6 
verschiedenen medizinischen Pathologien , aber nirgends das Wort gefunden, 
es scheint also wohl eine populäre Bezeichnung für jede Art von Anschwellung 
des Hodensacks zu sein, welche der Pathologe auch „Hydroeele" nennt. 
Was Pat. nun jetzt noch machen soll, um seinen Sandkloß loszuwerden? 
Permanent einen feuchten Umschlag um den Hodensack tragen mit Erneuerung, 
wenn er recht warm geworden, täglich früh und abends ein Sitzbad nehmen 
von 200 E. und 15 — 20 Minuten Dauer, nächtlich feuchte Leibbinde anlegen, 
seine tägliche Ganzabwaschung beibehalten und Geduld haben, da die 
Geschichte durch seine und des Mediziners anfängliche fehlerhafte Behandlung chro 
nisch geworden ist. 
Zu seiner Beruhigung und Ermutigung kann ich ihm noch sagen, daß ich 
solche Hodensackgeschwülste schon mehrfach mit günstigem Erfolge in Be 
handlung gehabt habe, sogar einen bei einem über 60jährigen Manne, der solchen 
Umfang hatte, wie der Kopf eines 2jährigen Kindes, und schon mehrmals ange 
zapft worden war; trotzdem gelang es, durch eine mehrmonatliche Kur mittelst 
täglichen feuchten Ganzpackungen mit darauffolgendem Halbbad, täglichen 2 Sitz 
bädern, permanent feuchtem Umschlag und nächtlicher Leibbinde nebst entsprechen 
der mehr trockener Diät, diesen pyramidalen S a n d k l o ß bis zur
	        
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