Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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Das Gericht hat nun diese verschiedenen absprechenden Äußerungen dem 
§185 zu subsummiren gehabt, indem es davon ausging, daß dieselben, wenn 
sie auch zunächst nur eine Kritik des vom Privatkläger aufgestellten Pro 
spektes und zum Teil der in seiner Heilanstalt bestehenden Einrichtungen re. ent 
halten, doch zugleich auch eine Mißachtung und Geringschätzung des Privatklägers 
in seiner allgemeinen bürgerlichen und gesellschaftlichen Stellung als Leiter einen 
weithin bekannten Heilanstalt unverkennbar zum Ausdruck bringen, der Ange 
klagte auch des beleidigenden Charakters derselben sich vollständig bewußt gewesen 
ist. Der Angeklagte hat sich nun zwar zu seiner Verteidigung auf § 198 des 
R-Str.-G.-B. bezogen, wornach tadelnde Urteile über wissenschaftliche und gewerb 
liche Leistungen straflos zu lassen sind. Allein wenn auch der hier im allgemeinen 
in Frage kommende Aufsatz als eine Kritik der Heilanstalt des Privatklägers und 
der darin bestehenden Einrichtungen sich darstellt, so kann doch die Vorschrift in 
§ 193 zu Gunsten des Angeklagten um deswillen nicht zur Anwendung ge 
langen, weil einerseits die meisten scharfen Ausdrücke schon der Form nach 
eine „Beleidigung" enthalten, andererseits aber auch aus den jene Ver 
öffentlichung des genannten Artikels begleitenden Umständen das Vorhandensein 
einer Beleidigung zur Genüge hervorgeht! Es soll hier nur hervorgehoben 
werden, daß der Angeklagte ohne jede Veranlassung den Sohn um dessen Ver 
stoß gegen die Universitätsgesetze mit in seine Kritik hereingezogen hat, was keinem 
Zweifel darüber Raum läßt, daß der Angeklagte im Sohne den Vater ver 
letzen wollte! 
Weiter hatte der Angeklagte durch eine frühere ihm von Dr. Brehmer per 
sönlich gewordene, der Schilderung in Nr. 10 von 1873 nach nicht gerade liebens 
würdige Behandlung Anlaß erhalten, sich seinerseits verletzt zu fühlen — ein 
Umstand, der dem Beklagten jedenfalls Veranlassung gab, nach einer Gelegenheit 
zu suchen — sich seinerseits dafür zu revanchiren! — — Auf Grund dieser Er 
wägungen hat das Gericht mit Rücksicht auf die offenbar vorhandene Einheit 
lichkeit des Beweggrundes und die Continuität der Handlungsweise, den An 
geklagten der fortgesetzten öffentlichen Beleidigung nach § 185 und 186 für 
schuldig erachtet, zugleich aber nur eine verletzende Handlung angenommen 
und dasjenige Gesetz in Anwendung gebracht, welches die schwerste Strafe 
androht! — 
WtT Die Berufung an das Urteil der höheren Instanz (5. Straf 
kammer) habe ich unterlassen, nicht weil ich mir bewußt bin, irgend eine Un 
wahrheit in dem genannten Artikel über Dr. Brehmer und seine Behandlungsweise 
gesagt zu haben, sondern weil mir von meinem Sachwalter die Nutzlosigkeit der 
selben wegen der geschehenen Formfehler klar gemacht wurde. Ich werde aber 
im Interesse meiner Leser und der Wahrheit die Heilanstalt Görbersdorf und 
ihren approbirten Leiter im Auge behalten und bemerke hier beiläusig, daß 
nach Publikation des Urteils in hiesigen Blättern mir von mehren Seiten 
Briefe zugekommen sind, worin ich sehr bedauert werde wegen der erheblichen 
Geldstrafe und zu meiner Genugthuung gesagt wird, daß mein Referat leider 
nur zu wahr und noch in bescheidenen Grenzen gehalten sei gegenüber dem, 
was Schreiber sonst über Dr. Brohmer gehört haben! Daraufhin ersuche 
ich nun Alle, mir gef. über G. mitzuteilen, was sie über die Behandlung 
und Kurresultate daselbst in Erfahrung gebracht haben und mir zu ge 
statten, später davon beliebigen Gebrauch zu machen — im Interesse der 
Wahrheit! Es bandelt sich hier ja nicht um einen persönlichen Streit zwischen 
Dr. Brehmer und mir, sondern um Lösung einer höchst wichtigen Prinzip-
	        
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