Volltext: Der Naturarzt 1882 (1882)

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„Allons, aufstehen, anziehen und fort ins Bad. ich habe noch mehr Patienten 
und kann hier nicht stundenlang hinstchen!" Das wirkte, Pak sah mich noch 
mit einem verzweifelten Blicke an, wie wenn er sagen wollte: „Du bist schuld, 
wenn dieses unsinnige Beginnen meinen Tod herbeiführt!" Dann versuchte 
er, sich aufzurichten, wobei ihm sein Begleiter behilflich war und es dauerte 
nicht sehr lange, hatten wir ihn unter den Armen gefaßt, führten ihn die 
Treppe hinab und brachten ihn im langsamen Tempo ins Badegebäude, wo 
ich ihm die f. Ganzpackung geben ließ, nachdem ihm vorher über der Wanne 
der ganze Kopf 5 Minuten lang tüchtig mit 10 ° Wasser ciabalsamirt worden; 
in der Packung ließ ich ihm den feuchten Turban um den Kopf geben und 
beauftragte seinen Begleiter, denselben so oft zu erneuern, als Pat. es wünsche; 
auch öfters einen Schluck frischen Wassers zu reichen. Darauf entfernte ich 
mich mit den Worten: „Ich komme bald wieder, um beim Halbbad zugegen 
zu sein", welches Versprechen dem Pat. sehr lieb war, denn er hatte eine 
Heidenangst davor, da ihm dasselbe zu Hause sehr schlecht bekommen war. 
Vor Ablauf von 2 Stunden war ich wieder bei meinem Patienten, welcher 
sich wohl in der Packung befand, einige Zeit darin geduselt hatte, am ganzen 
Körper, auch an den Füßen, sich schon warm anfühlte, daher sagte ich zu ihm: 
„Na, wollen's raus?" Er war dazu bereit, verhehlte mir aber seine Angst 
vor dem Bade nicht, welches ich in der Temperatur von -s- 24 ° R. im 
Zimmer nebenan hatte parat richten lassen und zu welchem er kaum 10 Schritte 
zu gehen hatte; nachdem er in die Wanne gestiegen war und sich lang hin 
gesetzt hatte, wurde er mit dem Badwasser sanft über die außer dem Wasser 
befindlichen Teile begossen, dann an allen vom Wärter mit seinen Händen 
kräftig frottirt, hernach nochmals begossen und wieder frottirt und zum Schluß 
mit 1 Eimer kühlem (18 °) Wasser übergössen, hierauf aufgefordert, sich zu er 
beben und herauszusteigen, in diesem Moment wurde er ohnmächtig, worauf 
ich ihm sofort mit ganz frischem Wasser (-s- 8 °) rasch ein paar Handkübel 
über den Kopf gießen ließ, was ihn gleich wieder zum Bewußtsein brachte 
und zum Aufstehen und Heraustreten befähigte; er ging dann in sein Kabi- 
net, zog sich allein an und wurde nun von mir und seinem Reisebegleiter ins 
Hotel zurückgebracht, wo ich ihn ins Betr gehen hieß. um daselbst den event. 
Migräneanfall abzuwarten, welcher aber eben — nicht kam, wie mir Pat. 
Abends im Bade ganz freudig erzählte, wo ich ihm das erste Sitzbad mit 
Kopfwaschung rc. appliziren ließ. welche Prozedur ihm recht angenehm war 
und gut bekam, sodaß er gleich darauf sich auf die Promenade begab. Abends 
schickte ich ihm den Wärter ins Hotel, um ihm die Anlage der feuchten Leib 
binde zu zeigen, welcher eine Kopfwaschung vorausging, welche Pat. so sehr 
behagte; zweites Sitzbad wurde weggelassen, weil im Hotel nicht leicht zu 
arrangiren. 
Als ich am andern Morgen bei meinem Pat. eintrat, war er gerade auf 
gestanden und im Begriffe sich anzuziehen, aus meine Frage: wie er die Nacht 
zugebracht? — äußerte er sich zufrieben mit dem Erfolge des ersten Tages, indem 
er nur einmal mit leichtem Kopfschmerz erwacht, doch bald wieder eingeschlafen 
sei, und um 6 Ubr die gewöhnliche fieberhafte Erscheinung gehabt habe — 
starkes Frösteln, jedoch ohne die bisherige Begleitung des lethargischen 
Zustandes! Nach 7 1 / 2 Uhr sei das Frösteln vorbeigewesen, worauf er das 
Aufstehen versucht und sich dann Kopf und Gesicht gewaschen und vollends an 
gezogen habe. Es war jetzt 3 / 4 8 Uhr und er bereit, ins Bad zu gehen, wobei 
er unserer Mithilfe nicht mehr bedurfte, sondern ganz ordentlich hinmar- 
schirte und sich einpacken ließ, beim zweiten Halbbav passirte ihm keine
	        
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